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Crashtest: Aktuelle Automodelle 4/2006 - Sterne für die Sicherheit

  • Trotz positivem Trend gibt es immer noch "gefährliche" Autos
  • Kinder sind oft unzureichend geschützt
  • Erste Erfolge in der Fußgängersicherheit

Seit zehn Jahren härtere Vorgaben

Den EuroNCAP-Test (European New Car Assessment Programme) gibt es nun seit zehn Jahren. Ausgangsposition waren die europaweit relativ milden gesetzlichen Vorschriften in Sachen Crashsicherheit von Automobilen. So schlossen sich Verbraucherschutzverbände, Autofahrerclubs und Regierungsstellen zahlreicher europäischer Staaten (in Österreich VKI und ÖAMTC ) zusammen, um härtere Vorgaben zu formulieren, die in der Folge dann um einige Disziplinen erweitert und verschärft wurden.

Nicht Gesetz aber hohe Bedeutung 

Sie sind zwar nicht Gesetz, gewannen aber in der Öffentlichkeit immer höhere Bedeutung, sodass Autos, die beim EuroNCAP-Test schlecht abschneiden, auch schwer zu verkaufen sind. Ging es in den letzten Jahren hauptsächlich darum, fünf oder zumindest vier Sterne bei der Crashsicherheit für Fahrer und Beifahrer zu erreichen, stehen heute zunehmend Kindersicherheit und Fußgängerschutz im Vordergrund, zumal eine überwiegende Mehrheit der neu konstruierten Automodelle den fünften Stern beim Crashtest unschwer erreicht.

Ausreißer Chevrolet Aveo: nur ein Punkt 

Trotzdem: Einzelne Ausreißer gibt es nach wie vor. Vor allem bei Kleinwagen und einzelnen koreanischen Produkten ist der vierte oder fünfte Stern noch keine Selbstverständlichkeit. So schnitt im jüngsten Test der in Korea gefertigte Chevrolet Aveo, der allerdings nicht in Österreich erhältlich ist,  bei der Bewertung der Insassensicherheit beängstigend schlecht ab.

Hersteller will Test wiederholen lassen

Nach Punkten hätte er gerade zwei Sterne erreicht, doch wegen des in den Fahrgastraum eindringenden Lenkrades drohte sogar dem Kopf Gefahr, und der Brustkorb kam direkt mit dem Lenkrad in Kontakt. So musste selbst der magere zweite Stern noch gestrichen werden. Der Hersteller möchte den Test wiederholen lassen.

Auch der zweite koreanische Vertreter in der jüngsten Testserie schnitt sehr schwach ab. Die besten Crash-Resultate lieferten der Kleinwagen Peugeot 207 und der Mittelklassewagen Alfa Romeo 159 (35 bzw. 34 Punkte – siehe Tabelle Crashtest 4/2006 ).

Insassensicherheit verbesserungswürdig

Generell ist das Verbesserungspotenzial bei der Insassensicherheit noch immer hoch, vor allem in den Bereichen Brust und Oberschenkel. Abhilfe könnten weniger steife Strukturen hinter dem Armaturenbrett schaffen.

Einige Hersteller bieten nun bereits Knie-Airbags an. Auch eine subtilere Abstimmung des Rückhaltesystems (Airbag/Gurt) kann die Situation für die Insassen weiter verbessern. So besitzt ein typisches Fünfsternauto zweistufige Frontairbags und die vorderen Gurte sind mit Gurtstraffern und Gurtkraftbegrenzern versehen.

Kinder deutlich besser geschützt

Wie auch die jüngsten Ergebnisse zeigen, sind Kinder heute deutlich besser geschützt als noch vor wenigen Jahren. Drei von fünf Sternen erreichen die meisten Modelle, über vier Sterne hat bis jetzt aber noch keines geschafft. Auto- ebenso wie Kindersitzhersteller müssen sich also noch anstrengen, damit Kinder künftig im Fahrzeug gleich sicher unterwegs sind wie Erwachsene. Das schlechteste Kindersicherheitsrating der letzten Zeit (2005) zeigte der Smart ForFour mit nur zwei Sternen. Sowohl beim Front- als auch beim Seitenaufprall wurde das ältere Kind (drei Jahre) nicht ausreichend zurückgehalten.

Deaktivierung des Beifahrerairbags

Ein heikler Punkt, der bei Crashtests nicht erfasst werden kann, bleibt weiterhin die Deaktivierung des Beifahrerairbags bei Montage eines Reboard-Kindersitzes auf dem Beifahrersitz. Abgesehen davon, dass jemand schlicht und einfach darauf vergessen kann, sind auch die Warnhinweise oft weder gut sichtbar noch leicht verständlich. Außerdem ist die Deaktivierung des Beifahrerairbags in vielen Fällen nicht optimal gelöst.

Fusgängersicherheit

Zaghafte Schritte, erfreuliche Richtung 

Insgesamt sind die Fortschritte bei der Insassensicherheit aber erfreulich. Schlechter steht es mit der Fußgängersicherheit. Investitionen dafür lohnen sich offenbar nicht. Anders ist es nicht erklärbar, dass ein Hersteller von Premium-Modellen wie BMW nach wie vor nur einen von vier Sternen erhält, etwa für die noch junge Dreier-Reihe (2005 getestet).

Sportmodelle: auffällig schwach bei Fußgängersicherheit

Auch andere Hersteller aus dem gehobenen Preissegment mit sportlichem Image kümmert es wenig, was rund um ihre Autos geschieht. So erreicht der nagelneue Alfa 159 nur einen Stern, während der Jeep Grand Cherokee (DaimlerChrysler) im Vorjahr völlig abstürzte und nicht einmal einen Stern schaffte. Wenn hier nicht schnell reagiert wird, könnten diese Ergebnisse der teuren Premium-Marken durchaus deren Technologieführer-Image anpatzen.

Aufpoliertes Image

Zumal andere Hersteller, die bisher als weniger innovativ galten, gerade dabei sind, ihr Image mit Sicherheitsfeatures aufzupolieren. Beispiel Citroën: Nach langer Zeit wagt man sich mit dem neuen C6 wieder in obere Größen- und Preisdimensionen (getestet 2005). Technische Kompetenz wird hier nicht nur über die Leistungsfähigkeit, sondern auch über die Sicherheit dargestellt. Dieses Fahrzeug besitzt eine Motorhaube, die bei einem Anprall pyrotechnisch hochgehoben wird. Und einige Zentimeter Abstand zum harten Motorblock genügen, um das Verletzungsrisiko für Fußgänger deutlich abzusenken. Resultat: Der C6 war das erste Automodell, das vier Sterne in der Fußgängersicherheit schaffte.

Honda leistet Pionierarbeit

Ein Hauptproblem beim Crash mit Fußgängern ist ja, dass die mit Technik voll gestopften Motorräume kaum einen Spielraum zwischen harter Motorblock-Oberkante und Motorhaube erlauben. Längst haben die Designer mit einem Zielkonflikt zwischen Aerodynamik und Platzbedarf im Vorderwagen zu leben gelernt, der auf Kosten der Fußgängersicherheit gelöst wird. Zu erwähnen ist auch, dass Honda seit Jahren Pionierarbeit sowohl bei der Kinder- als auch bei der Fußgängersicherheit leistet. Dort hat man offenbar als Erster erkannt, dass Sicherheit als Kaufargument immer wichtiger wird.

Kaufverhalten wurde untersucht

Apropos: Zum zehnjährigen Jubiläum hat EuroNCAP eine Untersuchung zum Kaufverhalten in Auftrag gegeben. Unter den EU-Bürgern zwischen Großbritannien und Polen steht Sicherheit als Kaufkriterium mittlerweile an erster Stelle, gefolgt von Fahrleistungen und Kosten. Nur bei den deutschen und britischen Autofahrern steht die Zuverlässigkeit des Fahrzeugs noch vor der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer an erster Stelle.

Alfa Romeo 159

Die Fahrgastzelle bleibt stabil, keine harten Strukturen bedrohen die Dummies.

  Foto: EuroNCAP  

Peugeot 207

Ähnlich positives Ergebnis im Frontcrash wie der Alfa, Gurtwarnsystem bringt einen Punkt mehr.

  Foto: EuroNCAP

Suzuki SX4

Mäßiges Frontcrash-Ergebnis. Der Dummykopf schlägt durch den Airbaig  durch.

  Foto: EuroNCAP

Crash-Test: Kompetent mit Konsument

  • Hohe Crashsicherheit. Abgesehen von einzelnen echten Ausreißern ist das Sicherheitsniveau für die Passagiere auf den Vordersitzen hoch. Fünf Sterne sind bei neuen Autos fast schon selbstverständlich.
  • Probleme bei der Kindersicherheit. Trotz kontinuierlicher Verbesserungen muss für die Sicherheit von Kindern noch viel getan werden. Mehr als vier von fünf Sternen schafft keiner.
  • Schlechte Situation für Fußgänger. Zumindest drei von vier Sternen sollten eine Selbstverständlichkeit werden. Doch selbst Autos der Premium-Klasse schaffen nur einen. Neue Konzepte (Citroën C6) versprechen Besserung.

Crashtests – So testet EuroNCAP

Frontal- und Seitenaufprall (mit Poletest), Kindersicherheit, Fußgängersicherheit.

Die Hersteller hatten anfangs überhaupt keine Freude mit unseren Tests. Jetzt gehören sie zum Standardprogramm und verbessern die Sicherheit der Insassen .

EuroNCAP-Test

Der Test setzt sich aus mehreren Teilen zusammen. Die Belastung für den Fahrer wird in einem Frontal- und einem Seitenaufprall (plus optional einem Poletest) bewertet, jene des Beifahrers nur beim Frontalaufprall. Es gibt maximal 37 Punkte (bis zu 3 Punkte werden für ein intelligentes Gurtwarnsystem vergeben) oder 5 (gelbe) Sterne. Den fünften Stern gibt es ab einem Punkteergebnis von 33. Die Kindersicherheit wird mit den vom Fahrzeughersteller empfohlenen Rückhaltesystemen ebenfalls in einem Fünf-Stern-Rating bewertet. Die Fußgängersicherheit ist in einem getrennten Vier-Sterne-Rating beurteilt (siehe unten).

Frontalaufprall

Beim Frontalaufprall sind maximal 16 Punkte erreichbar. Das Auto prallt mit vierzig Prozent Überdeckung (fahrerseitig) gegen eine verformbare Barriere nach EEVC-Spezifikation. Die Aufprallgeschwindigkeit beträgt 64 km/h. Zwei Hybrid-III-Dummies sitzen auf den Vordersitzen; bewertet werden folgende Körperbereiche:

  • Kopf/Hals
  • Brust
  • Becken/Oberschenkel/Knie
  • Unterschenkel/Füße

Seitenaufprall

Euro-SID-Dummy am Fahrersitz in mittlerer Position; bewertet werden Kopf, Brust, Bauch und Becken. Zur Bewertung der Kindersicherheit kommen außerdem zwei Kinder-Dummies wie beim Frontalaufprall zum Einsatz. Aufprall mit 50 km/h mit EEVC-Barriere auf der Fahrerseite. Es gibt maximal 16 Punkte.

Der Poletest

Das ist ein seitlicher Aufprall gegen einen Stahlmast. Ein Euro-SID-Dummy sitzt am Fahrersitz. Der Wagen wird auf einem Prüfschlitten mit 29 km/h fahrerseitig (in einer Linie mit dem Kopf) gegen einen Stahlmast geschleudert. Voraussetzungen für die Zulassung zum Poletest sind ein sehr niedriges (Farbe grün) Kopfverletzungsrisiko im Seitenaufpralltest und spezielle Kopfschutzeinrichtungen (Seitenairbags). Ein bestandener Poletest bringt zusätzlich zwei Punkte zum Seitenaufprall-Ergebnis.

Kindersicherheit

Beim Frontal- und beim Seitenaufprall wird auch die Kindersicherheit getestet. Zwei Kinder-Dummies (sie entsprechen einem 18 Monate und einem 3 Jahre alten Kind) werden in vom Hersteller empfohlenen Kindersitzen am Rücksitz befestigt. Die Kindersicherheit fließt aber nicht in das Crash-Ergebnis ein, sondern wird in einem eigenen Fünf-Sterne-Rating (grüne Sterne) bewertet. Maximale Punktezahl ist 60 Punkte, für fünf Sterne müssen mindestens 49 Punkte erzielt werden.

Fußgängersicherheit

Mit einer simulierten Aufprallgeschwindigkeit von 40 km/h werden Köpfe von Erwachsenen- und Kinder-Dummies gegen die Motorhaube (beziehungsweise Windschutzscheibe) und Beinformen (Ober- und Unterschenkel) gegen die Fahrzeugfront geschleudert. Das Ergebnis wird in einem eigenen Vier-Sterne-Rating (blaue Sterne) dargestellt. Maximale Punktezahl ist 36 Punkte, für vier Sterne müssen mindestens 28 Punkte erzielt werden.

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