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Anwälte und Notare: Erstberatung im Test - Guter Rat ist nicht umsonst

  • Kostenloses Erstgespräch für Anwälte nicht verpflichtend
  • Telefonische Auskunft nur begrenzt hilfreich
  • Tarifdschungel macht Vergleiche schwer

Im Leben kommt es immer wieder einmal vor, dass man juristische Beratung braucht. Das können beispielsweise Streitigkeiten mit den Nachbarn sein, Probleme mit dem Arbeitgeber, die Gründung eines Unternehmens, das Aufsetzen eines Testaments oder der Kaufvertrag für eine Wohnung, ein Haus oder einen Grund. Dann ist es gut, wenn man – möglichst im Vorhinein – ­ juristischen Rat einholt. Doch auch wenn dieser Rat vielfach helfen kann, später Kos­ten und Unannehmlichkeiten möglichst gering zu halten: Zunächst einmal ist juris­tischer Rat meist recht teuer. Viele Menschen nehmen daher gerne die Angebote zur kostenfreien Rechtsberatung an. Doch was kann man sich davon erwarten?

Eingebaute Fehler 

Wir wollten es genau wissen und ersuchten acht Rechtsanwälte und vier Notare um ­ihre juristische Meinung zu einem von uns vorgelegten Immobilienkaufvertrag. Um besser einschätzen zu können, wie sehr sich die Juristen mit dem Vertragsentwurf auseinandersetzten, bauten wir auch einige Fehler ein. Wir erwarteten uns dabei nicht, kostenlos einen juristisch einwandfreien Vertrag zu erhalten, aber aufgrund der offensichtlichen Fehler zumindest Hinweise, ob der Vertrag so überhaupt tauglich ist oder nicht.

Bei den Rechtsanwälten wählten wir jene aus, die sich laut Auskunft auf der Homepage der Rechtsanwaltskammer  auf Vertragsrecht spezialisiert haben. Prüfkriterien waren für uns, ob es ein kostenloses Erstgespräch gab, wie weit dabei auf die grundlegenden Probleme des Vertrags eingegangen wurde, wie das Gespräch ablief, ob wir zu kostenpflichtigen Leistungen gedrängt wurden und welche Kosten uns dafür in Aussicht gestellt wurden.

 

Erstgespräch nicht immer gratis

Nicht automatisch gratis

Viele glauben, das juristische Erstgespräch sei in jedem Fall gratis. Dies trifft aber ­lediglich für Notare verpflichtend zu. Bei Rechtsanwälten ist das Erstgespräch nur dann kostenlos, wenn es ausdrücklich so vereinbart wurde. Manche Anwälte bieten ein solches Gespräch trotzdem von sich aus an, mit anderen lässt es sich aushandeln. Im Zweifelsfall müssen Sie jedoch damit rechnen, dass ab der ersten Minute Kosten anfallen. Fragen Sie eingangs also immer nach dem Preis!

Die Rechtsanwaltskammer bietet eine erste anwaltliche Beratung als kostenfreien Service an. Wo und wie oft sie stattfindet, ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich geregelt. Meist ist ein Tag pro Monat dafür vorgesehen, entweder in der Kammer, in einer Anwaltskanzlei oder in Wien auch in den Räumen der Magistratischen Bezirksämter. Nähere Informationen erhalten Sie bei Ihrer Landesstelle der Rechtsanwaltskammer (www.rechtsanwaelte.at). Für unseren Test kam dieses Angebot aber nicht infrage, da Immobilienkaufverträge in der Regel rasch abgeschlossen werden müssen und eine Wartezeit von bis zu vier Wochen in den meisten Fällen zu lang ist.

An Amtstagen kostenlos 

Auch bei den Landes- und Bezirksgerichten sowie in Wien außerdem noch beim ­Arbeits- und Sozialgericht erhält man an den sogenannten Amtstagen kostenlos ­juristische Auskunft. Für unseren Test war dies jedoch ebenfalls irrelevant, da im Rahmen der Amtstage nur Fragen behandelt werden, die mit laufenden oder geplanten Gerichtsverfahren in Zusammenhang stehen. Zweck des Gespräches ist in der Hauptsache, abzuklären, ob das vorliegende Problem überhaupt mit juristischen Mitteln zu lösen ist. Bisweilen stellt sich dabei heraus, dass es sich um eine Angelegenheit handelt, für die eine besondere Qualifikation benötigt wird, etwa für Familienrecht oder Medienrecht, und der Kunde wird an eine entsprechend spezialisierte Kanzlei verwiesen.

Keine kostenlose Vertragsprüfung

In unserem Test gab es beim Erstkontakt am Telefon nur in zwei Fällen gar keine Auskunft. Ein Rechtsanwalt (Kanzlei Räth) erklärte, dass er grundsätzlich keine unentgeltlichen Auskünfte erteile und ein Notar (Hnatek) meinte, er müsse den Vertragsentwurf im Detail prüfen, um beurteilen zu können, ob dieser in Ordnung sei. Dafür würde er allerdings rund 2.400 Euro in Rechnung stellen. Dagegen, dass ein Notar den Vertrag durchlesen möchte, bevor er dazu eine qualifizierte Stellungnahme abgibt, ist formal sicher nichts einzuwenden. Dass der Kunde zuerst einmal 2.400 Euro auf den Tisch des Hauses legen soll, verträgt sich jedoch schlecht mit der Tatsache, dass bei Notaren das Erstgespräch grundsätzlich kostenlos ist.

Sechs Juristen ließen sich unseren Vertragsentwurf per Fax zusenden. Bei den darauf folgenden Gesprächen nahmen sie sich am Telefon jeweils rund 10 bis 15 Minuten Zeit für unsere Testperson. Einige lieferten auch Tipps und Ratschläge, die über den Vertrag hinausgingen. So wurden wir in einem Fall darauf aufmerksam gemacht, dass beim Immobilienkauf noch mit weiteren Nebenkosten zu rechnen sei, in anderen Fällen wurde auch die Finanzierungsfrage angesprochen oder der Punkt, ob der Kaufpreis angemessen ist. Die Kanzlei Vetter Lessky Vitali schickte uns den Vertrag sogar mit Anmerkungen versehen zurück.

Eine verbindliche Vertragsprüfung, bei der die Juristen dann auch für ihre Leistungen haften müssen, übersteigt den Rahmen eines solchen Erstgespräches jedoch deutlich. Wir bekamen sie daher von nie­mandem.

 

Guter Rat kostet Geld

Die meisten Kanzleien versuchten dafür, uns ihre kostenpflichtigen Leistungen zu verkaufen. Von fast allen wurde das aber korrekt als zusätzlicher Service angeboten, nur in zwei Fällen fühlten sich unsere Tester dabei gedrängt. Allen Angeboten gemeinsam war die treuhändische Abwicklung, die gewährleisten soll, dass die Kaufsumme vom Notar oder Anwalt erst dann weitergegeben wird, wenn der Käufer vertragsgemäß als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Der Rest der Angebote war sehr uneinheitlich und reichte von der Vertrags­erstellung bis zu Gesamtpaketen, die auch noch die grundbücherliche Abwicklung und Beratungsleistungen beinhalteten.

Was wir bei den weitergehenden Erläuterungen in allen Fällen vermissten, war der Hinweis auf den „Haus- und Wohnungs-Check“, ein Servicepaket der Rechtsanwaltskammer um 120 Euro, das laut deren Homepage Beratung zu grundlegenden Fragen betreffend den Haus- und Wohnungskauf beinhaltet. Da geht es etwa um die rechtlichen Rahmenbedingungen rund ums Grundbuch oder Rechte Dritter am Kaufobjekt, um Fragen zu Finanzierung und Nebenkosten, Grundzüge des Kaufvertrags, allenfalls erforderliche Genehmigungen durch die Grundverkehrsbehörde oder den Denkmalschutz sowie um steuerliche Aspekte. Das Paket beinhaltet zwar nicht die Abwicklung eines Immobilienkaufs, aber doch entscheidende Hinweise auf mögliche Stolpersteine am Weg zum Traumhaus.

Dieses Paket wurde von keinem der Rechtsanwälte angesprochen. Besonders ärgerlich: Die Kanzlei Räth ist auf der Home­page der Niederösterreichischen Rechts­anwaltskammer explizit als Teilnehmer dieser Serviceaktion ausgewiesen.

Erhebliche Preisschwankungen 

Bei den uns statt dessen angebotenen Leis­tungen schwankten die Preisangaben erheblich, sie lagen zwischen insgesamt 2.000 und 6.000 Euro. Beratung wurde uns zu Preisen zwischen 100 und 2.400 Euro ­offeriert. Die Begleitung des Erwerbs wurde mit 1,5 bis 3 Prozent des Kaufpreises veranschlagt, pauschal mit 3.500 Euro, oder es wurden Stundensätze zu 300 Euro angeboten. Bei einem Kaufpreis von 200.000 Euro kamen wir so insgesamt auf Honorare zwischen 2.000 und 6.000 Euro. Die inhaltlich unterschiedlichen Leistungsangebote machten es jedoch unmöglich, die Preise im Detail zu vergleichen. Keine gravierenden Unterschiede konnten wir dabei zwischen den Honoraren von Notaren und Rechtsanwälten ausmachen.

Honorar verhandeln!

Die Konsumenten haben aber die Möglichkeit, zu verhandeln, und sollten dies auch unbedingt tun. Denn die Zeiten, in denen Rechtsanwälte und Notare standesrechtlich zu Mindesthonoraren für gewisse Leistungen verpflichtet waren, sind vorbei. Nun gibt es zwar eine Fülle unüber­sichtlicher Abrechungsmöglichkeiten für die Rechtsanwälte – z.B. nach Streitwert, nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz, nach den autonomen Honorar-Richtlinien, nach Stunden oder pauschal –, aber damit wurde auch die Möglichkeit eröffnet, Hono­rare individuell auszuhandeln. Erkundigen Sie sich, ob und welche externen Kosten sonst noch entstehen. So fallen in unserem Beispiel etwa 200 bis 300 Euro an Beglaubigungsgebühren für den Notar an, Eintragung ins Grundbuch und Grunderwerbssteuer machen insgesamt 4,5 Prozent des Kaufpreises aus. Wer unliebsame Überraschungen vermeiden möchte, tut gut daran, ein Pauschalhonorar auszuhandeln. Das ist dann zwar nicht in jedem Fall die billigste Variante, sorgt aber für eine verbindliche Obergrenze.

Wer sich fürs Verhandeln des Honorars vorbereiten möchte, kann sich von der ­Homepage der Rechtsanwaltskammer (www.rechtsanwaelte.at) die Broschüre „Mein Recht ist kostbar“ laden. Vom Zeithonorar über das Pauschalhonorar, Erfolgs- und andere Zuschläge steht da viel Wissenswertes. Auch andere Fragen werden angesprochen, etwa, wer im Gerichtsverfahren welche Kosten übernimmt und was man bei der Kostenübernahme durch Rechtsschutzversicherungen beachten sollte.  

Fazit: Kostenlose juristische Beratung kann hilfreich sein, um sich zu orientieren. Wer wirkliche juristische Begleitung braucht, kommt aber um den Griff ins Geldbörsel nicht herum.

Tabelle: Rechtsanwälte

Tabelle: Notare

Zusammenfassung

Erstberatung bei Anwälten und Notaren: Kompetent mit "Konsument"

  • Anwälte sind spezialisiert. Auf der Seite www.rechtsanwaelte.at sind die Spezialgebiete jeder Kanzlei aufgelistet.
  • Kostenloses Erstgespräch. Notare sind zu einem kostenlosen Erstgespräch verpflichtet, Rechtsanwälte nicht.
  • Kostenlos ist oft zu wenig. Kostenlose Auskünfte am Telefon können hilfreich sein, reichen aber wie in unserem Test (Prüfung des Kaufvertrages einer Wohnung) oft nicht aus.
  • Kostenfrage vorab klären. Das Honorar kann unterschiedlich berechnet werden (stunden­weise, pauschal). Vorab mit dem Anwalt oder Notar voraussichtliche Kosten und Art der Berechnung klären.
  • Hilfe bei Konflikten. Wenn es zu Meinungsverschiedenheiten über die Leistung oder die Abrechnung kommt, kann man die jeweilige Kammer (Rechtsanwaltskammer, Notariats­kammer) einschalten.

Immobilienverträge

Tipps für Immobilienverträge

  • Klären Sie im Vorhinein mit der Bank die ­Finanzierung.
  • Klären Sie mit dem Vertragspartner, wer welche Nebenkosten übernimmt und wer für allfällige Schäden an Haus, Wohnung oder Grund haftet.
  • Ist mit dem Verkäufer ausgemacht, dass er noch Leistungen erbringen muss (z.B. ausmalen), ­sollte dies schriftlich festgehalten werden.
  • Achten Sie darauf, dass der Grundbuchsauszug von einem Juristen dahingehend überprüft wird, ob Schulden oder Nutzugsrechte eingetragen sind, gerichtliche (Pfändungs-)Verfahren laufen und ob der Verkäufer auch wirklich Eigentümer der Liegenschaft ist. Im Fall eines eingetragenen wechselseitigen Belastungs- und Veräußerungsverbotes muss auch die Zustimmung der Begünstigten dieses Verbotes im Kaufvertrag festgehalten werden.
  • Handelt es sich um einen Grund, der erst bebaut werden soll, so prüfen Sie, ob er entsprechend gewidmet ist.
  • Kaufen Sie eine Wohnung, so klären Sie, ob Wohnungseigentum begründet ist. Ist dies nicht der Fall, so erwerben Sie juristisch gesehen nur einen entsprechenden Anteil am Haus mit Nutzungsrecht an der Wohnung. Das kann bei Forderungen gegen die Hausgemeinschaft oder gegen andere Miteigentümer große Nachteile für Sie bringen.
  • Besonders sorgfältig müssen Kaufverträge für Wohnungen in Häusern abgefasst werden, in denen es einen Mehrheitseigentümer gibt, der aufgrund seiner Anteilsmehrheit viele Beschlüsse, etwa über die Bestellung der Haus-verwaltung oder über Reparaturarbeiten, auch gegen den Willen der Minderheitseigentümer durchsetzen kann.
  • Stimmt die angegebene Grundstücksgröße mit der im Grundbuch genannten überein?
  • Bestehen Sie auf treuhändischer Abwicklung desKaufes. Für Notare ist es verpflichtend, dass die treuhändisch übernommenen Beträge in der Notartreuhandbank deponiert werden, wobei für jeden Fall ein eigenes Konto eröffnet werden muss, in das der Kunde Einsicht nehmen kann. Rechtsanwälte führen zu diesem Zweck das Anwaltliche Treuhandbuch. Doch Achtung: Die Details sind in jedem Bundesland unterschied-lich geregelt. So müssen beispielsweise in Niederösterreich oder in Salzburg ausnahmslos alle treuhändisch übernommenen Gelder ein­getragen werden, in Tirol und Kärnten erst Beträge ab 40.000 Euro.
  • Halten Sie Ihre Personaldokumente bereit (Geburtsurkunde, Reisepass oder anderer Ausweis, Staatsbürgerschaftsnachweis).

Testkriterien

Erstberatung bei Anwälten und Notaren: Testkriterien

Getestet wurden 19 Rechtsanwälte mit der Spezialisierung Vertragsrecht (gemäß www. rechtsanwaelte.at) und 6 Notare. Die Auswahl erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Anwälte und Notare, die aus Termingründen oder aufgrund ihrer Erstberatungshonorare nicht in allen Punkten vergleichbar waren, wurden nicht in die Tabelle aufgenommen.

Die Fragestellung lautete, ob ein vorliegender Immobilienkaufvertrag in Ordnung sei. Bewertet wurden der Erstkontakt und die Auskünfte, die in diesem Gespräch gegeben wurden, nach den Kriterien: Erreichbarkeit und Terminvergabe, Auskunftsumfang und Nachvollziehbarkeit der Vorschläge sowie Verständlichkeit der Auskünfte. Die Ergebnisse der Testgespräche wurden in einem strukturierten Fragebogen festgehalten.

Anbieter

Antenreiter Dr. Gerhard
Wipplinger Straße 18
A-1010 Wien
01 533 93 29

Appiano & Kramer Rechtsanwälte GesmbH
Bösendorferstraße 7
A-1010 Wien
01 505 19 99

Bach Dr. Guido
Zandl:Grundei Rechtsanwälte
Kohlmarkt 11
A-1010 Wien
01 533 20 19

Beer Dr. Christoph
Hardtgasse 17
A-1190 Wien
01 368 41 76-0

Doschek Dr. Andreas
Reisnerstraße 29/7
A-1030 Wien
01 505 44 99

Gmoser Mag. Rupert
Schleifmühlgasse 1
A-1040 Wien
01 587 92 91

Gugerbauer & Partner
Kärntner Ring 5-7
A-1010 Wien
0650 563 56 83

Hegedüs-Brown Mag. Eva
Schönherr Rechtsanwälte GmbH
Tuchlauben 17
A-1014 Wien
01 534 37-4018

Hnatek Mag. Wolfgang
Wallensteinstraße 17
A-1200 Wien
01 330 18 34

Hörlsberger MMag. Dr. Felix
Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH
Dr.-Karl-Lueger-Ring 10
A-1010 Wien
01 533 47 95-17

Räth Mag. Sigrid
Dammweg 6
A-3430 Tulln
02272 81 219

Vetter Lessky Vitali
Landesgerichstsstraße 9
A-1080 Wien
01 402 92 42

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