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Haustürgeschäfte - Ein Fuß in der Tür

, aktualisiert am

So bieten Sie wortgewaltigen Vertretern Paroli.

Bei dem Wort Vertreter denkt man unwillkürlich an Staubsauger oder Versicherungen. Als Opfer der Keiler sieht man die Pensionisten. Das sollte aber niemanden in Sicherheit wiegen – auch junge Leute sind vor findigen Verkäufern nicht gefeit. Und die Produktpalette der Unternehmen beinhaltet weit mehr als nur Reinigungsgeräte und Finanzprodukte.

Häuselbauer: Vorsicht!

Wo beispielsweise ein Haus im Entstehen ist, sind die Keiler nicht weit. Die Liberalisierung des Strommarktes oder der Telekommunikation, ein Todesfall in der Familie oder eine neue Zeitung – alle Unternehmen versuchen den Kunden direkt und möglichst schnell zu kontaktieren. Ganz nach dem Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Die starke Konkurrenz führt zu immer rüderen Methoden.

Opfer gezielt gesucht

Viele Haustürgeschäfte gehen auf seriöse Art und Weise über die Bühne. Nach den schwarzen Schafen muss man aber nicht lange suchen. Es gibt unzählige Tricks, die Vertreter bei ihrem Verkaufsgespräch anwenden. Sie nützen hierbei psychische Zwangslagen, den Überraschungseffekt und mangelnde Vergleichsmöglichkeiten der Konsumenten für sich. Bestes Beispiel waren jene Hochwasseropfer, die im Oktober 2002 nach Rückgang der Flut von Vertretern verschiedenster Firmen gleichsam überrannt wurden. Von Fassadenkeilern über Finanzberater bis zu Vertretern für Mauertrockenlegungsgeräte waren alle zur Stelle.

Angebot "nur jetzt"

Was sich hier für viele als Rettung in der Not darstellte, endete nicht selten mit einem bösen Erwachen. Meistens waren die unterzeichneten Verträge bloß für die findigen Vertreter ein Volltreffer. Leidtragende waren erneut die Hochwasseropfer. Vorsicht ist aber nicht nur für Opfer von Naturkatastrophen geboten. Sobald ein Verkäufer von supergünstigen Angeboten spricht, die „nur jetzt“ gelten, oder ein Formular vorlegt, das „nur eben mal schnell“ unterschrieben werden muss, sollten bei Ihnen die Alarmglocken läuten. Solche Verträge werden häufig unter dem Eindruck der besonderen Situation oder aber unter enormem zeitlichen Druck unterschrieben. Das oberste Gebot aber lautet: Lassen Sie sich nicht hetzen. Im Notfall lassen Sie den Vertreter zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen; studieren Sie den Vertrag erst mal in aller Ruhe.

Der erste Schritt in die Wohnung …

Warum aber haben die von Tür zu Tür pilgernden Verkäufer dennoch Erfolg? Zunächst ist die Überrumpelung der wichtigste Teil ihrer Masche. Hat der Vertreter erst mal einen Fuß in die Wohnung gesetzt, wird man ihn so schnell auch nicht mehr los. Tipp: Lassen Sie ihn seinen Vorschlag zunächst vor der Türe machen, und überlegen Sie dann, ob Sie an dem Angebot überhaupt interessiert sind. Hat man bereits auf dem bequemen Sofa im Wohnzimmer Platz genommen, beginnt ein psychologisch fein ausgearbeitetes Frage- und Antwortspiel, aus dessen Fängen man sich nur schwer wieder befreien kann.

Kunden unter Druck setzen

Ab diesem Zeitpunkt wird Druck gemacht – entweder auf emotionaler oder auf zeitlicher Ebene. Jetzt heißt es für den Kunden, kühlen Kopf zu bewahren und sich in keinem Fall zu einer übereilten Entscheidung hinreißen zu lassen. Nehmen Sie sich Zeit, und sprechen Sie alle Punkte an, die Ihnen unklar erscheinen. Aufgrund der besonderen Begebenheiten bei einem Haustürgeschäft wurde der Konsument vom Gesetz als besonders schutzwürdig erachtet und ihm ein Rücktrittsrecht eingeräumt.

Bei Haustürgeschäften haben Sie üblicherweise ein einwöchiges Rücktrittsrecht. Der Rücktritt muss schriftlich (am besten eingeschrieben) erfolgen, Sie müssen ihn nicht einmal begründen.

Rücktrittsrecht ausgetrickst

Achtung! Diese Möglichkeit besteht nicht, wenn der Konsument die geschäftliche Verbindung mit dem Unternehmer zum Vertragsabschluss selbst angebahnt, das heißt, den Vertreter beispielsweise zu sich bestellt hat. Und genau dieses Schlupfloch nützen Unternehmen, um den Kunden nicht doch in letzter Sekunde zu verlieren. Mit ganz gefinkelten Methoden werden Konsumenten etwa dazu verführt, einen Vertreter zu sich nach Hause einzuladen. Unterschreiben Sie also am besten nichts, ohne es vorher genau gelesen zu haben. Eine Unterschrift kann niemals bloß eine „reine Formsache“ sein.

Gefährliche Werbegeschenk

Gerne bringen Firmen Werbegeschenke vorbei und verlangen eine Empfangsbestätigung. In Wahrheit werden über der Unterschrift nachträglich Bestellungen eingetragen, oder im klein Gedruckten steht, dass in den nächsten Tagen ein Vertreter bei Ihnen vorbeischaut. Dadurch hätten Sie unversehens Ihr Rücktrittsrecht verloren. Uns werden immer wieder Fälle bekannt, wo Verträge im Nachhinein gefälscht, zum Beispiel „vordatiert“, werden. Auch dagegen können Sie sich wappnen: Verlangen sie unbedingt einen Durchschlag des Vertrages mit Datum und Unterschrift.

Grundsätzlich kein Rücktrittsrecht besteht, wenn man einen Vertrag in den Geschäftsräumlichkeiten  der betreffenden Firma abgeschlossen hat, dazu zählen auch Messe- und Marktstände. Große Ausnahme: Das Unternehmen hat einiges dazu beigetragen, Sie dorthin zu bringen (häufigste Beispiele: Werbefahrt oder persönliches Ansprechen auf der Straße).

„Haustürgeschäfte“ mit Rücktrittsrecht sind nicht nur jene an Ihrer eigenen Wohnungstür. Ein „Haustürgeschäft“ ist etwa auch ein Vertragsabschluss u.a.

  • im Kaffeehaus;
  • am Arbeitsplatz;
  • in der Wohnung des Unternehmers;
  • auf der Straße oder in Verkehrsmitteln.

So werden Sie überrumpelt:

  • Vertreter berufen sich auf Ihnen bekannte Personen (Vertrauensaufbau).
  • Sie lassen sich zu Ihnen einladen (Rücktrittsrecht ausgeschlossen!).
  • Sie manipulieren nachträglich den Vertrag.
  • Sie weisen sich nicht aus.
  • Sie erzählen rührselige Geschichten („Ich mache das für Behinderte“).
  • Sie setzen Sie unter Druck („Diese Chance gibt es nur jetzt!“).

So können Sie sich schützen:

  • Lassen Sie sich keinesfalls hetzen.
  • Machen Sie Qualitäts- und Preisvergleiche im Fachhandel.
  • Fragen Sie bei Konsumentenberatungsstellen nach.
  • Lesen Sie den Vertrag ganz genau durch.
  • Lassen Sie mündliche Abmachungen schriftlich festhalten.
  • Verlangen Sie stets einen Durchschlag mit Datum und Unterschrift.

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