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Lebensversicherungen: Fondspolizzen - Faule Fonds

  • Als ertragreich verkauft, jetzt renditeschwach
  • Börsenkrise trifft dynamische Fonds
  • Hohe, aber versteckte Kosten

Bei klassischen Er- und Ablebensversicherungen ist der Ertrag überschaubar. Mit ­Aktien lässt sich – erfreuliches Börsenklima und lange Anlagedauer vorausgesetzt – viel mehr verdienen. So setzte um die Jahrtausendwende ein Run auf Aktien ein. Daran wollten die Lebensversicherer mitnaschen und kreierten fondsgebundene Lebensversicherungen, auch als Fondspolizzen bezeichnet.

Diese sollen einen höheren Ertrag ermöglichen, als normalerweise bei der Veranlagung einer Lebensversicherung (im sogenannten Deckungsstock) erwirtschaftet werden kann. Aber im Grunde handelt es sich bei diesen Fondspolizzen nicht um eine Versicherung, sondern um Fondssparen unter dem Mantel einer Versicherung, weil der Ablebensschutz meist sehr gering bemessen ist.

Viele Konsument schlossen ab

Das Konzept überzeugte die Konsumenten. Inzwischen haben Fondspolizzen die ­klassische Er- und Ablebensversicherung in puncto Prämienaufkommen bereits überrundet. 2,6 Millionen Verträge gibt es ­aktuell in Österreich. Doch viele haben sich nicht so entwickelt wie erhofft. Herr B. hatte zum Beispiel im Jahre 2000 500.000 Schilling (36.336,40 Euro) in ein Skandia-­Produkt investiert. Nur 18.089 Euro bekam er ausbezahlt (siehe "Wert halbiert"). Doch die Talfahrt der Börsenkurse ist nicht die einzige Ursache für magere Erträge.

Lesen Sie auch den zweiten Teil unseres Artikels: "Fondspolizzen am Laufzeitende: So kommen Sie raus."

Mittelmäßige Fonds

Ein Grundübel der meisten Fondspolizzen liegt in der Auswahl der Fonds. Konsumenten können entweder unter verschiedenen Strategien (dynamisch, konservativ, ...) wählen, oder nur eine Handvoll einzelne Fonds – oft nicht gerade solche, die sich ­bisher als ertragsstark bewährt haben – ­herauspicken. Und die Versicherer bieten meist das Nächstliegende an, also Fonds aus dem Dunstkreis des eigenen Hauses, von Bankentöchtern, -müttern oder -schwestern.

Produkte aus dem eigenen Haus

Die müssen allerdings vom Renditestandpunkt aus keineswegs erste Wahl sein. Eine aktuelle Studie des deutschen Analysehauses Feri besagt, dass Versicherer nicht immer die bestmöglichen Fonds in ihre Portfolios aufnehmen. Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass den Kunden auch Ladenhüter angedreht werden.

Schlechte Erträge verschleiert

Kämen die besten oder zumindest gut performende Fonds ins Portfolio, wäre mehr Ertrag möglich. Ärgerlich ist, dass die ­Anbieter die schlechte Performance ihrer Fonds oft verschleiern. Auf den Home­pages fehlt nämlich fast immer die Angabe der Wertentwicklung in den letzten zehn ­Jahren (auch wenn der Fonds bereits so lange auf dem Markt ist). Diese würde nämlich tiefrote Zahlen zeigen. Aber auch die Drei- und Fünf-Jahres-Werte schauen bei "dynamischen“, also aktien-dominierten Fonds schlecht aus. Konservative anleiheorientierte Fonds stehen hier besser da, allerdings sind die Renditechancen geringer.

Kosten fressen Ertrag

Nicht jeder Prämien-Euro wird auch wirklich in Fonds investiert: Von 100 eingezahlten Euro gehen 15 bis 20 in den Versicherungskosten auf. Praktisch bedeutet dies einen Renditeverlust von ein bis zwei Prozentpunkten. Erwirtschaften die Fonds also 3 Prozent, bleiben netto nur 1,5 Prozent ­übrig.

Provision und Abschlusskosten verringern Ertrag

Vor allem in den Anfangsjahren wandert ein erheblicher Teil in die sogenannten Abschlusskosten. Dazu zählt unter anderem die Provision für den Verkäufer. In den ersten Jahren sind die Abschlusskosten die Hauptursache für das dicke Ertragsminus. Würden sie hingegen über die gesamte Laufzeit verteilt (der Fachausdruck lautet "ungezillmerter Vertrag“), könnte dies den Ertrag um etwa 0,3 Prozent jährlich steigern. Außerdem hätten Vermittler dann keinen Anreiz mehr, immer wieder Ver­träge ihrer Kunden zu kündigen und neu abzuschließen.

Ungezillmerte Verträge

Ungezillmerte Verträge (siehe dazu auch "Fachausdrücke") gibt es dem Vernehmen nach durchaus, wenn der Kunde ohne Einschaltung eines Vermittlers beim Versicherer danach fragt.

Zu diesen Abschlusskosten kommen noch Verwaltungskosten, Risikokosten und die Versicherungssteuer (4 Prozent der jeweiligen Einzahlung). Diese Kosten werden von den Versicherern oft sogar bekannt gegeben, sind aber nur die halbe Wahrheit.

Hin und her macht Beutel leer

Noch höher als die Versicherungskosten sind die Kosten für die Fonds, also Managementgebühren und laufende Kosten im Fonds (Transaktionskosten bei Käufen und Verkäufen, Veranlagungs­kosten).

Sie werden nicht den Prämienzahlungen, sondern direkt dem Fondsvermögen entnommen. Das drückt den Ertrag. Werfen also die Fonds jährlich 5 Prozent brutto ab, bleiben nach Abzug der internen Fonds­kosten vielleicht nur 3 Prozent, von denen dann noch die Versicherungs­kosten (siehe "So wirken Versicherungskosten") abzuziehen sind. In den Modellrechnungen der Anbieter kommen fonds­interne Kosten nicht vor. Dabei wäre dies ein wichtiges Kriterium bei der Fondsauswahl.

Garantien sind Renditekiller

Noch schlimmer sieht die Sache aus, wenn die Fondspolizze eine Garantie (Höchststands- oder Kapitalgarantie) enthält. Garantien sind Kostenfresser und Renditekiller. Zwar ist es angesichts der ohnehin schon hohen Kosten und matten Fonds verständlich, dass Berater wie Kunden Pro­dukte mit Garantien bevorzugen. Allerdings muss hier die Laufzeit mindestens 20 Jahre betragen. Und da benötigt man eigentlich keine Garantie mehr, weil sich Verluste über einen so langen Zeitraum ja wieder ausgleichen sollen.

Dynamisierung senkt Ertrag

Viele Fondspolizzen enthalten Dynamisierungsklauseln. Die Prämien steigen jährlich um 4 bis 5 Prozent, dies soll den inflationsbedingten Wertverlust ausgleichen. Die tatsächliche Wertentwicklung sinkt damit aber paradoxerweise. Denn die Versicherungssumme steigt dadurch. Und weil durch die Erhöhung jedes Jahr ein Neuabschluss stattfindet, steigen auch die Gesamtkosten. Die Versicherungsvermittler freut’s , die Kunden weniger.

Verbesserung bei Kick-back-Zahlungen

Verbesserungsmöglichkeiten, die für Kunden günstig wären, gäbe es bei den so­genannten Kick-back-Zahlungen. Diese erhalten die Versicherer von den Fonds­gesellschaften dafür, dass sie bestimmte Fonds ins Portfolio aufnehmen. Wenn die Fonds dann bei den Kunden Anklang finden, sollten diese eigentlich die Kick-backs lukrieren. Aber nur wenige Anbieter, etwa Allianz oder Österreichische Beamten­versicherung, schlagen die Kick-backs dem Fondsvermögen zu.

Runter mit den Kosten

Wahr ist: Die klassische Er- und Ablebensversicherung schwächelt. Der ­Garantiezins wurde gesenkt, die Gesamtverzinsung liegt auf einem Tiefpunkt. Dazu kommen neue ­gesetzliche Vorschriften zur Eigenkapitalausstattung. Somit wären ertragreiche Fondspolizzen durchaus eine Bereicherung des Angebots für langfristige Vorsorgeprodukte. Auch sollen Investmentfonds ab 2011 höher besteuert werden, Fonds in Fondspolizzen jedoch nicht. Wenn Fondspolizzen zu Ertragsturbos werden sollen, müssen sie allerdings verbessert werden. Also: runter mit den Kosten, verteilen der Abschluss­kosten über die gesamte Laufzeit. Und die Kunden müssen über alle Kosten vorab informiert werden und unter verschiedenen Optionen (Fonds, Laufzeit ) wählen können.

Wert halbiert

Fondspolizzen: Wertentwicklung seit Portfoliobeginn

500.000 Schilling für ein Skandia-Produkt

Im Jahr 2000 zahlte Herr B. 500.000 Schilling (36.336,40 Euro) in ein Skandia-Produkt ein. Erhalten hat er nach zehn Jahren nicht einmal die Hälfte (18.089 Euro). Das liegt aber weniger an der Finanzkrise, obwohl hauptsächlich in Aktien investiert wurde. Denn der MSCI-Index „Aktien Welt“ hat sich inzwischen wieder erholt. Schuld sind zum einen die hohen Kosten des Produkts. Bei 0 Prozent Wertentwicklung wären nur 427.815 Schilling übrig geblieben. Und von insgesamt 16 Fonds stammen 7 von Skandia selbst; diese haben neben teils schlechter Performance auch die höchsten Kosten (Ausgabeaufschläge zwischen 5,25 und 6,25 Prozent).

Externe und interne Kosten

Die Skandia sieht die Ursache des Debakels zum einen in den Krisen des vergangenen Jahrzehnts: erst das Platzen der IT-Blase, dann die Terroranschläge 2001, die Finanzkrise und zuletzt die Schuldenkrise der Eurozone. Die zweite Ursache sei die Kostenstruktur des von Herrn B. gewählten Tarifs, gibt der ­Versicherer zu. Unter anderem seien Kosten für Beratung, Anfordern von Gesundheitsauskünften, Risikoprüfung, Prüfung des Anlegerprofils und Ausstellen der Polizze angefallen. Diese Abschlusskosten wurden in den ersten Jahren von der Einmalzahlung abgezogen. Verwaltungskosten, Versicherungssteuer sowie Risikoprämien verringerten den Fondswert bis zum Laufzeitende. Vor Vertragsablauf wurde Herr B. über die Möglichkeit der Vertragsverlängerung ­informiert, hatte diese jedoch abgelehnt.

So wirken Versicherungskosten

Fondsgebundene Lebensversicherungen sind mit vielen Spesen belastet: Provisionen, Versicherungssteuer, Fondsspesen ...


Fondspolizzen: So wirken sich Versicherungskosten aus (Grafik: VKI)

Infografik: hohe Kosten, magerer Ertrag

Unten eine Infografik; sie zeigt, wie die Spesen den Ertrag verringern. Sie können diese Infografik "Hohe Kosten - magerer Ertrag" (84 KB, PDF) auch in höherer Auflösung herunterladen.

 

Infografik Fondspolizzen: hohe Kosten - geringer Ertrag (Grafik: erwin Haberl)

Checkliste vor Vertragsabschluss

  • Wofür (Altersvorsorge, Vermögensaufbau ...) will ich ansparen?
  • Wie lange will ich ansparen?
  • Belastung: Kann ich mir jahrzehntelange Prämienzahlungen leisten?
  • Vergleich: Habe ich mehrere Angebote eingeholt?
  • Verstehe ich alle Einzelheiten der Produkte?
  • Information: Kann ich mich über die Versicherungskosten des Produkts informieren?
  • Provisionsfrei: Habe ich direkt bei Versicherern nach ungezillmerten und provisionsfreien Verträgen gefragt?
  • Garantie: Brauche ich wirklich eine Garantie? (Garantien drücken den Ertrag und sind bei langen Laufzeiten nicht unbedingt nötig.)
  • Fonds wählen: Kann ich die Fonds im Portfolio wählen?
  • Entwicklung: Kann ich mich über die bisherige Entwicklung der Fonds oder fondsinterne Kosten informieren?
  • Prämienfreistellung: Wie sehen die Bedingungen für die Prämienfreistellung aus, falls ich keine Prämien mehr bezahlen kann? Wird man dann gekündigt?
  • Kündigung: Kenne ich die Konsequenzen, wenn ich vorzeitig kündige?
  • Verlängerung: Gibt es günstige Bedingungen für eine Verlängerung bei Vertragsabschluss ("Liegenlassen" der Fonds)?

Fachausdrücke

Abschlusskosten: Kosten, die bei Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages anfallen, z.B. Beraterprovision, Kosten für Antrags- und Risikoprüfung. Werden von der Prämie berechnet und meist auf fünf Jahre verteilt.

fondsinterne Kosten: Spesen für Fondsmanagement, Veranlagung, An- und Verkauf einzelnder Anlagen.

Kick-backs: Provisionen, die Versicherer von Fondsgesellschaften dafür erhalten, dass sie bestimmte Fonds im Portfolio haben.

Rückkaufswert: Fiktiver Betrag, den man bei vorzeitiger Kündigung des Vertrages erhalten würde. Wird in der jährlichen Wertnachricht genannt, liegt oft deutlich unter den Einzahlungen.

Ungezillmerter Vertrag: Versicherungsvertrag, bei dem die Abschlusskosten über die gesamte Laufzeit verteilt sind. Abschluss direkt beim Versicherer, ohne Berater.

Zusammenfassung

  • Sinnvolles Konzept mit Schwächen. Fondspolizzen sollen mehr Ertrag bieten als herkömmliche Lebensversicherungen, in der Praxis drücken schwache Fonds und hohe Spesen die Rendite.
  • Langfristige Anlageform. Zur Altersvorsorge nur in langfristiger Perspektive sinnvoll. Also Fondspolizzen sorgrältig auswählen und den Anlagezeitraum auch einhalten.
  • Versicherungsspesen senken. Wird ein "ungezillmerter Vertrag" ohne Berater beim Versicherer angeschlossen, ist die Spesenbelastung geringer.
  • Garantien kosten. Bei einem Anlagehorizont über mehrere Jahrzente wäre eine Garantie of nicht nötig, weil Verluste sich über die lange Zeit egalisieren. Garantiepolizzen bieten am Vertragsende weniger Wahlmöglichkeit.

Leserreaktionen

Verlustgeschäft

Ihr Artikel trifft ins Schwarze. Ich selbst habe am 1.3.2005 eine fondsgebundene Lebensversicherung „Maxx Invest“ der Generali abgeschlossen. Anfangs lag der Monatsbetrag bei grob 35 €, zuletzt bei 45 €. Nun habe ich per 1.2.2011 gekündigt, da man nicht absehen kann, wie sich 1.) der Markt entwickelt und 2.) wie hoch die monatlichen Einzahlungsbeträge noch steigen.

Grob habe ich ungefähr in den letzten 95 Monaten Laufzeit 3.800 € einbezahlt, heraus bekomme ich Rückkaufswert 1.600 €; das heißt, die Versicherung streift die Hälfte ein. Ich kann daher jedem nur davon abraten, ein solches Produkt zu erwerben.

Name der Redaktion bekannt
(aus KONSUMENT 4/2011)

Keine Rendite

Ende der 90er-Jahre bekam ich eine Lebensversicherung ausbezahlt. Meine Bankberaterin schlug mir vor, die 100.000 Schilling als Einmalerlag in eine Fondsgebundene Lebensversicherung einzuzahlen. Dafür hat die Bank garantiert und nach zehn Jahren genau den Einzahlungsbetrag ausbezahlt, d.h. es ist nicht einmal die Inflation abgedeckt, dann noch abzüglich meiner Kosten für Bankbesuche, Postverwaltung …

Ich war dort jahrelang Kunde, und die haben mein Anlegerprofil genau gekannt, insbesondere den Umstand, dass ich drei Kinder in der Ausbildung habe.

Name der Redaktion bekannt
(aus KONSUMENT 4/2011)

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