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Sporthandel im Ethik-Test - Zu klein für Verantwortung?

Einige wenige Ketten prägen den heimischen Sportbekleidungshandel. Das Bewusstsein für ihre soziale und ökologische Verantwortung lässt zu wünschen übrig.

Diese Sportartikelhändler haben wir einem CSR-Test unterzogen:

  • Footlocker
  • Gigasport
  • Hervis
  • Intersport
  • Sport 2000
  • Sports Direct

Nachfolgend unser Ethik-Test Sporthandel.


Umweltbelastung, Arbeitsbedingungen

Die Markenartikelhersteller im Sportsektor stehen im Rampenlicht und mussten sich daher schon frühzeitig der unangenehmen Frage stellen, wie sie es denn mit der gesellschaftlichen Verantwortung halten: Kümmern sie sich um die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in ihren Zulieferbetrieben? Achten sie darauf, dass bei der Produktion die Umweltbelastung in Grenzen gehalten wird? Aus vergangenen Ethik-Tests wissen wir, dass sie es leidlich tun (siehe Laufschuh-Hersteller im Ethik-Test - Nur gute Vorsätze).

Sportartikel: Eigenmarkenware boomt

Wie aber steht es mit dem Handel? Viele Sportartikelhändler machen mittlerweile einen nicht unbeträchtlichen Teil ihres Geschäftes mit Eigenmarken, für deren Konzeption und Herstellung nur sie verantwortlich sind. Bei manchen Sportketten erreicht der Eigenmarkenanteil schon fast 50 Prozent. In Österreich mag er noch deutlich darunter liegen, aber der Trend geht auch hierzulande in diese Richtung.

Sportbekleidungsketten im Ethik-Test

Im Rahmen einer internationalen Kooperation von Konsumentenschutzorganisationen wurden namhafte, in Europa präsente Sportbekleidungsketten einer CSR-Überprüfung unterzogen (CSR = Corporate Social Responsibility).

Auf dem österreichischen Markt sind fünf große Kontrahenten aktiv: Intersport, Sport 2000, Hervis, Sports Direct und Gigasport. Etwas aus dem Rahmen fällt die US-Kette Foot Locker, die weltweit jedenfalls auch auf einen Milliardenumsatz verweisen kann.

Ausrede: "Österreich ist zu klein"

Ausrede: "Österreich ist zu klein"

Generell lässt sich feststellen, dass der Sporthandel sich noch nicht sehr intensiv mit Nachhaltigkeits- oder Ethik-Themen befasst hat. Das gilt vor allem bei uns, wo immer noch die beliebte Ausrede herhalten muss, Österreich sei zu klein, um Verantwortung zu übernehmen. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass man auf Anfrage immer wieder die Antwort bekommt: "Wir produzieren ja nicht selbst, wir beziehen unsere Ware von großen Produzenten und müssen darauf vertrauen, dass die sich richtig verhalten."

Produktion ausgelagert

Übersehen wird dabei, dass auch die Markenhersteller längst dazu übergegangen sind, ihre Produktion auszulagern. Die großen Konzerne entwickeln Produkte und vermarkten sie; die Produktion erfolgt in ihrem Auftrag in Ländern, wo die Löhne möglichst niedrig sind.

Ihre Pflicht ist es daher, darauf zu achten, dass bei der Produktion gewisse Standards eingehalten werden – und das gilt nicht nur für die Produktqualität, sondern auch für die Arbeitsbedingungen und Auswirkungen auf die Umwelt. In ihrer Rolle als Eigenmarkenanbieter treffen für Handelsunternehmen dieselben Anforderungen zu wie für Markenhersteller.

Einkaufsmanager muss Bescheid wissen

Aber auch, wenn sie nur Fremdmarken verkaufen, können sie sich nicht vollständig aus der Verantwortung verabschieden. Jeder Einkaufsmanager muss über seine Lieferanten Bescheid wissen. Da mag es für den einen oder anderen Händlerverbund in Österreich noch ein Glück sein, dass er Mitglied einer internationalen Organisation ist, die Entwicklung und Auftragsvergabe von Eigenmarken zentral übernimmt. Dort zumindest ist gesellschaftliche Verantwortung kein Fremdwort mehr.

Problemfall Zulieferwerke

Nur Intersport "auf gutem Weg"

Doch das Engagement im Sportartikelhandel lässt generell zu wünschen übrig, wie sich in der internationalen Erhebung zeigen sollte. Intersport ist noch eine der besseren Organisationen in Europa und kann den Anspruch erheben, auf gutem Weg zu sein.

Aber selbst der heimische Marktführer hat einen Respektabstand zur skandinavischen Gruppe XXL, die ihren Sitz in Norwegen hat (nicht in Österreich aktiv, daher "außer Konkurrenz"). XXL weist einen Umsatz von umgerechnet rund 700 Mio. Euro auf und beweist damit, dass auch kleinere Handelsunternehmen verantwortungsbewusst agieren können. Es kann sowohl hinsichtlich der Arbeits-, als auch der Umweltbedingungen punkten.

Kambodscha: Miserable Standards

Wie wichtig es ist, dass Unternehmen auf die Einhaltung von Mindeststandards in ihren Zulieferwerken achten, belegt der Bericht der dänischen Organisation Danwatch über die (Sport-)Bekleidungsindustrie in Kambodscha vom April 2016. Die zu 86 Prozent weiblichen Arbeitskräfte sind konfrontiert mit:

  • Diskriminierung und Schikanen
  • niedrigen Löhnen
  • vorenthaltener Bezahlung von Überstunden
  • kurzfristigen Verträgen

Außerdem leiden Sie unter Erschöpfung und häufig auftretenden Ohnmachtsfällen infolge der unzumutbaren Arbeits- und Lebensbedingungen, siehe Fotos:

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Steckbriefe

AUF GUTEM WEG

Intersport International Corporation
Firmensitz: Bern (Schweiz)
Umsatz: 10,5 Mrd. € (2014), Österreich 474 Mio. €
Eigenmarken: McKinley, Etirel, Pro Touch, Tecnopro, Energetics

Intersport ist der weltweit größte Verbund im Sportartikelhandel (zuständig für Einkauf und Managementfunktionen). Engagierte Sozial­politik, Verhaltenscodex von BSCI als Richtgröße, glaubwürdiges Monitoring der Lieferantenkette, Offenlegung der Lieferanten-Liste.

In starkem Kontrast dazu steht: kaum existente Umweltpolitik, keine Vorgaben, kein Monitoring in der Produktion, nur bei den Endprodukten wird auf möglichst geringe Schadstoffbelastung Wert gelegt. In der Erhebung informationsfreudig, aber kaum öffentlich zugängliche Informationen.


NACHZÜGLER

Foot Locker
Firmensitz: New York (USA)
Umsatz: 7,4 Mrd. USD
keine Eigenmarken

Die US-Sportkette ist in Österreich mit fünf Filialen vertreten. Eigendarstellung: "Wir sind ganz verrückt auf Sneaker." Da bleibt offenbar nicht mehr viel Platz für gesellschaftliche Verantwortung. Nur sehr allgemeine Beschreibung der Unternehmens­philosophie: "ehrenhaft, aufrichtig, ethisch". Knappe Statements zu Menschenrechten, Anforderungen an die Lieferanten und deren Kon­trolle, aber keine Details, sodass die Behauptungen wenig glaubwürdig erscheinen.

Gigasport
Firmensitz: Graz
Umsatz: k.A.
Eigenmarken: Kaikkialla, Meru, Hot Stuff, Get Fit, Miles

Tochter der Kaufhauskette Kastner & Öhler und "offizieller Partner" der Sport 2000-­Organisation. Die Eigenmarken der beiden bleiben allerdings bestehen. Wer ist für die Gigasport-Eigenmarken verantwortlich: Die Auftragsvergabe erfolgt in Zusammenarbeit mit dem internationalen Konsortium Euro­family mit Sitz in Bozen. Für die Auswahl und die Überprüfung der Lieferanten ist Euro­family verantwortlich. Diese arbeite aktiv an der Einhaltung sozialer und ökologischer Standards, Details sind unbekannt, keine ­öffentlich zugängliche Informationen.

Hervis
Firmensitz: Wals bei Salzburg
Umsatz: 425 Mio. € (2014)
Eigenmarken: Kilimanjaro, Denali, Benger, Cygnus, Snoxx, X-Fact

Hervis ist eine 100-%-Tochter der SPAR-Gruppe. Auf der Homepage findet sich lediglich ein Hinweis, dass sich Hervis ebenso wie SPAR dem Energiemanagementsystem ISO 50001 verpflichtet fühlt. Darüber hinaus gibt es keine öffentlich zugänglichen Informationen. Der Fragebogen blieb unbeantwortet, Anfragen werden von der vor­geschalteten Agentur abgeblockt. "Es gibt schon Richtlinien an die Lieferanten [ ] welche, kann ich Ihnen so nicht sagen [...] das ist vertraulich."

Sport 2000 International
Firmensitz: Mainhausen (Deutschland)
Umsatz: 6,4 Mrd. € (2014), Österreich 438 Mio. €
Eigenmarken: High Colorado, York, Stuf, V3Tec

Sport 2000 International hat seinen Sitz in Deutschland und besorgt für die angeschlossenen nationalen Organisationen Einkauf, Marketing, Finanzdienstleistungen usw. Sport 2000 Österreich sieht sich zusammen mit Kooperationspartner Gigasport als Markt­führer in Österreich (ca. 30 %). Sport 2000 ist neben Intersport die einzige Organisation, die einen Fragebogen ausgefüllt hat, bleibt aber detaillierte Angaben schuldig. Die Er­teilung von Auflagen und deren Kontrolle hat sie der Unternehmensvereinigung BSCI übertragen, ohne sich selbst zu engagieren. Es gibt auch kaum öffentlich zugängliche ­Informationen.

Sports Direct
Firmensitz: Port Sunlight (England)
Umsatz: 3,4 Mrd. € (2014)
Eigenmarken: Donnay, Dunlop, Slazenger, Everlast, Lonsdale, Karrimor

Die britische Sporthandelskette hat vor drei Jahren Sport Eybl & Sports Experts mehrheitlich übernommen und (wenig erfolgreich) auf einen Diskonter umgestellt. Auch Sports Direct zeigt kaum Initiative, in keinem Punkt kommt das Unternehmen an Mindeststandards heran. Man bezieht sich auf den BSCI-Verhaltenscodex und auf die ­Überprüfung seiner Lieferanten, es gibt aber ­keine Information darüber, ob Audits tatsächlich durchgeführt wurden. Auch sonst beschränken sich die zugänglichen Infor­mationen auf eher allgemeine Statements.

Buchtipp: "Nachhaltig leben"

Durch das eigene Konsumverhalten einen Beitrag zu einer "besseren" Welt zu leisten, ist der Wunsch vieler Verbraucher. Doch welche Möglichkeiten hat der Einzelne, dies im Alltag umzusetzen? Unser Buch gibt Tipps und Anregungen für all jene, die ganz individuell zu einem verantwortungsvollen Lebensstil finden wollen.

www.konsument.at/nachhaltig-leben

Aus dem Inhalt

  • Lebensmittel: fair und natürlich
  • Lifestyle: modisch, aber ökologisch
  • Mobilität, Tourismus, Freizeit
  • Nachhaltigkeit im Haushalt
  • Abfall vermeiden, Ressourcen schonen
  • Trend: gemeinsam nutzen statt besitzen

160 Seiten, 14,90 € + Versand

KONSUMENT-Buch: Nachhaltig leben (Bild:VKI)

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