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Kreditverträge - Zwischen den Zeilen

"Nur 500 Euro Monatsrate" – so locken ­Banken oder auch Immobilienverkäufer. Das geht sich eh leicht aus, glauben dann manche. Ein mitunter fataler Irrtum. Wir sagen, worauf Sie achten sollten, wenn Sie einen Kredit aufnehmen.

Geldinstitut, Makler und Vermögensberater

Wer nicht genügend Geld auf der hohen ­Kante hat, borgt es sich aus. Die erste Adresse ist hier ein Geldinstitut. Auch über Makler und Vermögensberater kann man Kredite be­kommen, sie erzielen meist gute Konditionen. Weiters bieten Kreditvermittler ihre Dienste an, deren Zinsen sind aber in der Regel höher als die bei einer Bank. Unselbstständig ­Beschäftigte haben für nicht allzu hohe ­Summen die Möglichkeit, den Arbeitgeber um einen Gehaltvorschuss oder ein zinsen­loses Darlehen zu ersuchen. Zur kurzfristigen Überbrückung kleiner Liquiditätsengpässe kann man das Girokonto überziehen. Für ­größere Summen oder über einen längeren Zeitraum als ein, zwei Wochen kommt Überziehen jedoch ­teurer als ein Kredit.

Standard­konditionen kaum ­erhältlich

Bei einem Sparbuch oder Sparkonto werden allen Kunden mehr oder weniger die gleichen Konditionen geboten. Kredite müssen jedoch – so behaupten die Banken – individuell ­angepasst werden. Allge­meine Standard­konditionen sind daher kaum ­erhältlich. Viele Umstände wirken sich auf die Bedingungen eines Kredits aus (siehe "Davon ­hängen die Kreditkondi­tionen ab“).

Ein wichtiges Kriterium ist der Verwendungszweck. Konsumkredite dienen zur Finan­zierung von Haushaltsgeräten, Möbeln, ­Autos oder Urlaubsreisen. Die Höhe liegt ­üblicherweise im vierstelligen Euro-Bereich und ­selten über 20.000 Euro, die Laufzeit ­ bei bis zu sechs Jahren. In der Regel werden keine zusätzlichen Sicherheiten verlangt, die Ab­sicherung der Bank besteht im regel­mäßigen Einkommen des Kreditkunden.

Sicherheiten: Bürgen oder Lebensversicherung

Bei Wohnraumfinanzierungen besteht die ­Absicherung für das Geldinstitut in der Immobilie selbst, meist in Form einer Hypothek. Oft verlangt die Bank aber noch weitere Sicherheiten, etwa durch Bürgen oder den Abschluss einer Lebensversicherung. Auch hier ist das Einkommen des Kreditnehmers und die Sicherheit seines Arbeitsplatzes ein entscheidender Punkt für die Kreditkonditionen.

Zinssatz kann sich ändern

Angebote wie die erwähnte Monatsraten-Angabe können Sie vergessen. Um Kredit­angebote beurteilen und vergleichen zu ­können, müssen schon mehr Informationen enthalten sein. Neben der Ratenhöhe sind das zunächst einmal Finanzierungsbetrag, Laufzeit und Auszahlungsbetrag.

Nebenkosten: Anwalt oder Notar, Grundbuch, Sicherheiten

Leider glauben viele Konsumenten, es reiche aus, wenn die Bank jene Summe zur Ver­fügung stellt, die den Kaufpreis abdeckt – beispielsweise für eine Wohnung. Übersehen werden häufig die Nebenkosten (Vertrags­errichtung durch Anwalt oder Notar, Grundbucheintrag, Sicherheiten – etwa die Prämie für eine Lebensversicherung, ). Der tatsächliche Finanzierungsbedarf ist also oft deutlich größer als der unmittelbar benötigte Geldbetrag. Entsprechend hoch sollte die Kreditsumme angesetzt werden.

Entscheidende Prozente

Im Angebot ist auch ein Zinssatz ange­geben. Dieser Zinssatz bleibt im Allgemeinen nicht über die gesamte Laufzeit gleich. Er gilt eine Zeit lang (die erste Zinsperiode) und wird danach an die Marktsituation angepasst.

Diese Anpassung darf die Bank nur nach f­ixen Spielregeln vornehmen. Daher enthält ein Kreditvertrag einen Indikator, auch ­Referenz- oder Basiszinssatz genannt. Zurzeit ist das meistens der 3-Monats-Euribor (Euro Interbank Offered Rate), ein Zinssatz, zu dem bestimmte europäische Banken ­einander Geld leihen. Auf diesen Basiszinssatz wird dann die sogenannte Marge aufgeschlagen. Erst der daraus resultierenden Zinssatz gilt für den Kreditnehmer.

Euribor + Marge = Zinssatz

Den Euribor kann man nicht beein­flussen, die Marge schon. Diese ­sollte man unbedingt vergleichen und ge­gebenenfalls auch etwas herunterhandeln. Das lohnt sich: Besonders bei lang laufenden Immobilienfinanzierungen hat die Höhe der Marge einen erheblichen Einfluss auf die ­Gesamtkosten.

Fälligkeit der Zinsen angeben

Angegeben sein muss weiters die Vorgangsweise für die Zinssatzänderung. Nor­malerweise werden die Zinsen alle drei oder sechs Monate angepasst. Die Änderung erfolgt entweder auf Basis der durchschnitt­lichen Entwicklung des Indikators oder auf Basis des Indikatorwertes zu einem be­stimmten Stichtag. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Bei steigenden Zinsen kann die Durchschnitt-Methode für den ­Kreditnehmer günstiger sein, bei fallenden Zinsen der Stichtag.

Kontokorrentmäßige Berechnung ist üblich

Die Fälligkeit der Zinsen ist ebenfalls an­zugeben. Üblich ist die kontokorrentmäßige Berechnung. Hier werden Tilgungen, aber auch Sollzinsen unmittelbar berücksichtigt.

Dafür, dass Ihnen die Bank Geld leiht, verlangt sie nicht nur Zinsen, sondern auch eine Bearbeitungsgebühr (auch: Bearbeitungs­provision) in Höhe von 1 bis 4 Prozent der Kreditsumme sowie eine Kontoführungs­gebühr für das Kreditkonto. Auch die Gebühr dafür, dass die Bank „im Grundbuch steht“ zahlt der Kreditnehmer.

Entwicklung nicht vorhersehbar

Ein Kreditangebot muss laut Verbraucher­kreditgesetz neben dem Zinsatz (effektiver Jahreszinssatz) auch die Summe aller Rückzahlungen sowie einen Tilgungsplan enthalten. Derzeit liegt das Zinsniveau sehr niedrig. Daher kann eine solche Modellrechnung in die Irre führen. Wenn die Zinsen steigen, steigt auch die Gesamtbelastung und damit die Ratenhöhe und/oder die Laufzeit. Daher sollte man die gesamte Rück­zahlungssumme und den Tilgungsplan un­bedingt auch mit höheren Zinssätzen durchrechnen lassen, um zu sehen, wie sich Zins­erhöhungen zu verschiedenen künftigen Zeitpunkten auf Ratenhöhe oder Laufzeit auswirken.

Erst dann lässt sich beurteilen, ob der Kredit "leistbar" ist. Dass man (eventuell mit unserem Online-Haushaltsrechner) berechnet, ob ­Einkommen und laufende Kosten überhaupt eine Rückzahlung ermöglichen, sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Nicht zu viele Angebote einholen!

Allzu viele Kreditangebote sollte man nicht einholen. Manches detaillierte Offert, das man sich von einem Geldinstitut vorlegen lässt, wird in der Bonitätsdatenbank des Kreditschutzverbandes registriert. Das Einholen vieler Offerte kann also die Kreditwürdigkeit beeinflussen. 

Davon hängen die Kreditkonditionen ab

  • Verwendungszweck (Wohnraum oder Konsumgüter)
  • Laufzeit
  • Besicherung der Finanzierung
  • Bonität des Kreditnehmers
  • Einträge beim Kreditschutzverband oder in anderen Datenbanken
  • Verfügbares Nettoeinkommen des Kreditnehmers
  • Aktuelle Marktsituation
  • Erwartete Marktentwicklung
  • Zuverlässigkeit der Kreditbedienung (z.B. Sicherheit des Arbeitsplatzes des Kreditnehmers)
  • Indikator, auch Referenzzinssatz genannt (derzeit meist Euribor), und Aufschlag (Marge)
  • Fixzinsvereinbarung über einen ge­-­wissen Zeitraum oder die gesamte Laufzeit
  • Individuelle Situation des Kredit­nehmers (z.B. geringes Alter und daraus resul­tierendes niedriges Einkommen oder bevorstehender Pensionsantritt)

Zusammenfassung

  • Bedarf realistisch einschätzen. Die Nebenkosten (bei einem Immobilien­- kauf z.B. Grundbuch- und Vertragserrichtungsgebühr, Lebensversicherung etc.) sind zum Kaufpreis zu addieren, erst ­diese Summe ergibt den tatsächlichen Geldbedarf.
  • Vergleichen und verhandeln. Der Zinssatz für einen Kredit besteht aus dem Indikator (meist der Euribor) und dem Aufschlag (Marge). Diese Marge sollte man beim Einholen von Angeboten vergleichen und wenn möglich herunterhandeln.
  • Varianten durchrechnen. Ein Angebot muss zwar die Summe der Gesamtrückzahlungen und einen Tilgungsplan enthalten. Das gilt aber nur für die Bedingungen bei Vertragsabschluss und kann sich ändern, wenn die Zinsen steigen. Daher auch Varianten für höhere Zins­sätze durchrechnen lassen!

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