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Online-Buchhandel - Es muss nicht immer Amazon sein

Mit dem Buchversand via Internet ist Amazon bekannt geworden. Heute bieten bereits 65 Prozent der Buchhändler in Österreich einen Onlineshop. Zu Konditionen, die mit jenen von Amazon durchaus mithalten können.

Amazon: schlechte Bezahlung, exzessive Steuerflucht

Für viele Menschen ist es heute selbstverständlich, zu Hause rund um die Uhr Bücher per Mausklick bestellen und sie sich ins Haus liefern lassen zu können. Für die Mehrzahl ist das gleichbedeutend mit Amazon. Doch die skandalösen Arbeitsbedingungen, die schlechte Bezahlung sowie die exzessiven Steuerfluchtpraktiken des Global Players ­lassen viele Menschen nach Alternativen ­suchen – und mittlerweile auch zahlreich ­finden.

Viele Händler mit Onlineshop

In Österreich ist die Marktkonzentration im Buchhandel deutlich geringer als in anderen Handelssparten. Es gibt 1.765 Buchhändler. Führend ist Thalia mit 37 Standorten. ­Morawa (samt Leykam und Kärntner Buchhandlung) hat 20 Filialen. In Westösterreich ist Tyrolia mit 21 Standorten Branchenführer.

Rund 65 Prozent der österreichischen ­Buchhändler bieten laut Hauptverband des Österreichischen Buchhandels bereits einen Onlineshop. Möglich machen das Buch­großhändler mit ihren elektronischen Buchverzeichnissen und Logistiksystemen, über die Buchhandlungen auch die Kunden­bestellungen im Geschäft abwickeln.

Millionen Bücher im Sortiment

Diese Buchverzeichnisse können gegen Gebühr auch für den Onlineshop adaptiert werden. Vor allem drei Online-Buchverzeichnisse ­teilen sich den österreichischen Markt: KNV (60 Prozent), VLB (30 Prozent) und Libri (10 Prozent).

Das ermöglicht selbst kleinen Familienbetrieben wie Hartliebs oder Franz Leo & Comp. in Wien, ihr Buchsortiment virtuell auf mehrere Millionen Artikel auszuweiten. "Das ist heute ein Service, das notwendig ist, um für die Kunden umfassend erreichbar zu sein", ist Susanne Remmer von Franz Leo & Comp. überzeugt.

Preise und Versand

Es gilt die Buchpreisbindung

Viele Kunden meinen, Amazon sei auto­matisch günstiger, weil größer. Doch in Österreich und Deutschland gilt die Buchpreisbindung. Das heißt, verlagsneue deutschsprachige ­Bücher werden in der kleinen Buchhandlung, beim großen Filialisten und auch im Internet-Versandhandel grundsätzlich zum gleichen Preis angeboten. Billige gebrauchte Bücher, die Amazon auch in sein Angebot integriert hat, kommen von unabhängigen Verkäufern, die zu anderen Konditionen (Versandkosten) liefern – und sehr oft gar nicht nach Österreich.

Ohne Versandkosten

In der Regel wird in den Onlineshops mit Kreditkarte bezahlt, meist ist auch ein Kauf gegen Rechnung möglich (Details siehe jeweilige AGB). Buchhandlungen in Österreich mit Onlineshop übernehmen entweder grundsätzlich oder ab einer bestimmten Einkaufssumme die Versandkosten; sie liegt bei den befragten Buchhandlungen zwischen 10 und 40 Euro (siehe Tabelle).

Versanddauer: 1 - 4 Tage

Als durchschnittliche Versanddauer geben sowohl Onlineshops aus Österreich als auch Amazon 1 bis 4 Tage an. Der stationäre Buchhandel ist so organisiert, dass selbst kleine Buchläden in der Regel binnen ein, zwei ­Tagen beliefert werden. Wenn vor 12 Uhr bestellt wird, geht es sogar über Nacht. Wer das online georderte Buch in der Buchhandlung abholen kann, hat es daher meist schneller. Bis zu einem Drittel der Kunden machen nach Aussage der befragten Buchhandlungen von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Widerrufsrecht von zwei Wochen

Online bestellte Bücher können (anders als E-Books, DVDs, CDs) generell aufgrund des EU-weiten Widerrufsrechts binnen zwei ­Wochen ohne Angabe eines Grundes retourniert werden. Dem Kunden wird in diesem Fall der bezahlte Betrag (inklusive Porto­kosten) rückerstattet. Die Kosten für die Rücksendung hat der Kunde allerdings selber zu tragen – außer, es wurde eine falsche oder mangelhafte Ware geliefert.

Die Stärken des Buchhandels

Die Stärken des Buchhandels

Wer im Internet ein Buch bestellen möchte, kann unter vielen Anbietern wählen – wenn er nicht auf das erstbeste Suchergebnis bei Google klickt (das ist fast immer Amazon). Seit die Geschäftspraktiken von Amazon bekannt wurden, sind vermeintliche Selbstverständlichkeiten für Buchhandlungen mit ­Onlineshop plötzlich erwähnenswerte Alleinstellungsmerkmale: faire Behandlung und Bezahlung der Mitarbeiter, Ausbildung von Lehrlingen sowie Schaffung von Arbeits­plätzen und volle Steuerleistung in Österreich.

Beraten lassen und schmökern

Bei der Buchhandlung vor Ort ist der per­sönliche Kundenservice Kernkompetenz. Volle Regale laden zum Schmökern ein. Auf Wunsch wird beraten und Angestellte, die das Buch auch wirklich gelesen haben, ­geben Empfehlungen. Solche Empfehlungen finden sich auch in den Onlineshops. So auch bei Amazon, der allerdings durch automatisch generierte Empfehlungen ins Gerede gekommen ist (siehe Amazon: Bewertungen und Rezensionen - Zu viele Bestnoten.

Zusätzliches Service

Viele Buchhandlungen suchen für ihre Kunden sogar nach vergriffenen Büchern und besorgen sie antiquarisch. Auf Wunsch wird in der Buchhandlung das gekaufte Buch meist auch kostenlos geschenkmäßig verpackt – Amazon lässt sich dafür extra ­bezahlen.

Spezialisierungen

Thematische Spezialisierung

Es gibt mehrere Strategien, durch das Internet den Kreis potenzieller Kunden auszuweiten. Etwa durch thematische Spezialisierung. So hat sich die von entwicklungspolitischen Organisationen gegründete Südwind-Buchhandlung in Wien auf entwicklungspolitische Themen spezialisiert. Sie erwirtschaftet bereits 30 Prozent des Umsatzes online, ­wobei 70 Prozent der Bestellungen von außerhalb Wiens kommen.

Freytag & Berndt, der Spezialist für Reise, Outdoor, Freizeit und Wassersport, konzentriert auch den Internet­auftritt auf diesen Themenbereich. Das Spezial-Know-how der Reisebuchhandlung und der Angestellten wird online entsprechend präsentiert.

Telefonservice

Es gibt in Österreich auch Onlineversandhändler ohne eigenes Geschäftslokal. Der Onlineshop von derbuchhaendler.at mit Sitz in Altach/Vorarlberg führt neben dem all­gemeinen Sortiment speziell Titel von Vorarlberger Kleinverlagen. Er hebt sich nach Eigendefinition von großen internationalen Konkurrenten durch den persönlicheren ­Service ab – etwa, indem er telefonisch erreichbar ist und Fragen rasch beantwortet.

5 % Rabatt

Bereits seit 2007 betreibt Andreas Beer, ­gelernter Buchhändler, isbn1-meine Buchhandlung. Er nutzt den gesetzlichen Rahmen der österreichischen Buchpreisbindung für einen fünfprozentigen Nachlass: Ein Buchhändler darf in Österreich fünf Prozent ­Rabatt geben, aber nicht damit werben. ­Andreas Beer verkauft daher die Bücher im Onlineshop zum Originalpreis, der Kunde ­erhält aber zweimal jährlich eine Gutschrift über die fünf Prozent. Der Betrag wird auf Wunsch auch überwiesen.

Lokal, regional oder ganz Österreich

Ganz Österreich als Einzugsgebiet

Immer mehr Buchhandlungen erkennen im Onlineshop ihre Chance, die Reichweite zu vergrößern und ganz Österreich zum potenziellen Einzugsgebiet zu machen. Bei den Kunden ist das erst in geringem Ausmaß angekommen. Der Großteil der Onlinekunden der Buchhandlungen stammt derzeit noch aus dem Ort oder dem Bundesland der ­Buchhandlung. Doch viele Buchhandlungen arbeiten daran, das zu ändern.

Regional und fair

Heyn in ­Klagenfurt etwa setzt auf ein Multichannel-Marketing-Konzept und nutzt die neuen ­Medien offensiv. Signalwörter wie Familie, fair, regional, österreichisch und nachhaltig definieren das geschäftliche Selbstver­ständnis – erfolgreich: 2011 wurde Heyn als "familienfreundlichster Betrieb Kärntens" ausgezeichnet, 2013 konnte man sich über den Staatspreis Marketing in der Kategorie Handel freuen.

Thalia mit Cross-Channel-Konzept

Thalia, der mit 37 Filialen größte Buchhändler in Österreich, setzt auf ein sogenanntes Cross-Channel-Konzept, bei dem der Buchverkauf im Geschäft, digital (E-Books) und online ineinandergreifen. Vor allem bei den großen Buchhändlern kann man mittlerweile online ersehen, welche Bücher in den Filialen lagernd sind und dort sofort mitgenommen werden können. Sollte ein Buch nicht ­lieferbar sein, bietet etwa Morawa aktiv ­Alternativtitel vom selben Autor oder zum selben Thema an.

Tabelle: Buchhändler

Zusammenfassung

  • Preiskampf sekundär. Die Buchpreisbindung in Österreich hält Preis­unterschiede zwischen den Konkurrenten gering.
  • Versandkosten günstig. Bücher werden von allen Anbietern generell oder ab einer bestimmten Kaufsumme kostenlos zugesandt.
  • Freie Wahl. Amazon ist nur einer von vielen Anbietern. Es gibt mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten, Bücher online zu kaufen.

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