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Kaffeekapseln: Ethik und Umwelt - What else

What else? – Was sonst? lautet der Werbespruch des Marktführers von Kaffeekapseln. Die Frage lässt sich beantworten: Es gibt eine ganze Reihe von Alternativen, die die Umwelt weniger belasten.

Lesen Sie auch unseren Produkt-Kaffeekapseln - Nicht immer Nespresso - Im Folgenden unser Ethik- und Umweltreport:


Seit Jahren wirbt Hollywoodstar George Clooney für Kaffeekapseln mit der Minimalinformation "Nespresso – what else?“. Erfolg kann man der Kampagne nicht absprechen: In Deutschland stieg der Absatz 2013 im Vergleich zum Vorjahr um satte 27,5 Prozent an – in Österreich werden die Zahlen ähnlich sein. Was in den stylishen Werbungen leider nicht zur Sprache kommt, ist der immense Müllberg, den Kaffeekapsel-Nutzer verursachen.

2013: 8 Milliarden Kaffeekapseln

Schätzungsweise acht Milliarden Kaffeekapseln waren es im Jahr 2013, allein in Österreich mindestens 200 Millionen. Durchschnittlich 1,5 Gramm wiegt eine leere Kapsel, und das für eine Füllmenge von oft nur 5 Gramm; dazu kommt noch der Verpackungsmüll. Auf dieses eklatante Missverhältnis macht auch Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe aufmerksam. Besonders absurd sei es, wenn neben der Kaffeekapsel auch noch eine Milchkapsel zur Zubereitung benötigt werde. Verpackungen sollten laut Fischer grundsätzlich so gestaltet sein, dass die Verpackungsmenge in einem optimalen Verhältnis zum Füllgut steht.

Alu in Hülle und Fülle

Nespresso-Kapseln werden aus Aluminium gefertigt, einem Material, das bei Umweltschützern seit Langem in der Kritik steht. Darüber hinaus steht es im Verdacht, Krankheiten wie Alzheimer, Krebs oder Allergien auszulösen. "Aluminium ist in der Produktion extrem energieintensiv und hat als Nebenprodukt hochgefährlichen Rotschlamm“, kritisiert Greenpeace-Konsumentensprecherin Nunu Kaller.

Der Abbau des Rohstoffs Bauxit findet teilweise unter fragwürdigen sozialen Bedingungen und Umweltstandards statt. Nespresso brüstet sich damit, dass "2013 mit Hilfe von 14.000 Nespresso-eigener Kapselsammelstellen 75 Prozent der weltweiten Recyclingkapazität erreicht werden konnten“.

Tatsächliche Sammelquote nur wenige Prozent

Das sieht auf den ersten Blick gut aus, heißt aber in Wahrheit: Drei Viertel der verkauften Kapseln könnten eingesammelt und wiederverwertet werden, es gäbe die Infrastruktur dafür. Wie viele Konsumenten diese Möglichkeit aber tatsächlich nutzen, wird nicht veröffentlicht.

Nespresso: "... leider keine Angaben"

"Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir hierzu leider keine Angaben machen können“, heißt es dazu aus der Nespresso-Pressestelle. „Es braucht Zeit, das Verhalten der Konsumenten zu ändern und eine kritische Masse für ein Recyclingprogramm aufzubauen.“ Der Vorwurf des Greenwashing steht im Raum. Man kann davon ausgehen, dass die tatsächliche Sammelquote nur wenige Prozent ausmacht.

Aluminium Stewardship Initiative

Neuerdings beruft sich Nespresso auf die Aluminium Stewardship Initiative, die – so Nespresso – unter der Leitung der Weltnaturschutzunion (IUCN) im Rahmen eines Multi-Stakeholder-Programms entwickelt wird. Greenpeace betrachtet auch das kritisch: „Ein ,verantwortlicher‘ Umgang mit Aluminium einer Firma, die mit Einweg-Aluminium-Produkten ihr großes Geschäft macht, ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, packt das Problem aber nicht im Kern an, sondern mindert nur die Auswirkungen“, so Kaller.

16 € für Fairtrade-Kaffee

Über 60 € pro Kilo Kaffee

Eine Nespresso-Kapsel kostet je nach Sorte 35 bis 45 Cent; das ergibt einen Kaffee-Kilopreis von – im günstigsten Fall – 62 Euro (bei 6 Gramm Füllung); er kann aber auch 90 Euro (bei 5 g) erreichen. Die günstigsten Kaffeekapsel-Varianten kommen auf 19 Cent pro Stück, was etwa 30 bis 40 Euro pro Kilogramm Kaffee entspricht.

Zum Vergleich: Der Fairtrade-zertifizierte EZA Organico kostet pro Kilo ganze Bohnen derzeit 15,75 Euro. Das Fairtrade-Gütesiegel garantiert bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für Kaffeebauern. 

Flexibel oder verantwortungslos?

"Die Kaffeekapsel-Werbungen suggerieren, dass man möglichst flexibel und vielseitig sein sollte, wenn man erfolgreich sein will“, erklärt Werbepsychologin Sabine Schuh. "Es ist eben verlockend, alles haben zu können, sich für nichts entscheiden zu müssen und daher auch für nichts die Verantwortung übernehmen zu müssen.“

Ökobilanz und faire Arbeit

Zahlen, um sich freizukaufen

Das Abfallproblem sei in den Köpfen vieler Konsumenten noch nicht angekommen. "Der Müll in der westlichen Welt tut uns (noch) nicht weh, er trifft den Einzelnen nicht in seinem Wohlbefinden“, ergänzt Schuh. "Und weil der Kaffee eben teuer ist, zahle ich als Konsument quasi schon meinen Obolus, um mich freizukaufen.“

Für eine positive Ökobilanz von Kaffeeprodukten ist jedoch nicht nur die Verpackung und die Abfallentsorgung entscheidend, sondern in erster Linie die Herkunft des Kaffees.

Ökobilanz und faire Arbeit

"Wird beim Kaffeeanbau auf ökologische Aspekte und faire Arbeitsbedingungen Wert gelegt, verbessert das die Ökobilanz um eine Vielfaches“, erklärt Elmar Schwarzlmüller von der umweltberatung Wien und empfiehlt Gütesiegel wie Fairtrade oder UTZ. Dazu komme die Lebensdauer der Kaffeemaschine und der Energieverbrauch bei der Zubereitung. "Viele Kaffeekapselmaschinen sind von minderwertiger Qualität und nicht auf eine lange Lebensdauer ausgerichtet“ ergänzt Schwarzlmüller. "Die Hersteller erzielen das Hauptgeschäft mit den Kapseln selbst."

Hofer (Martello) schweigt auf unsere Anfrage

Auch andere Kaffeehersteller und Handelskonzerne haben das große Geschäft gewittert und Kaffeekapseln in ihr Sortiment aufgenommen:

  • Tchibo/Eduscho (Cafissimo)
  • Jacobs (Momente und Tassimo)
  • Delica (Cremesso)
  • Hofer (Martello)

Drei nahmen zu unserer Anfrage Stellung:

Tchibo/Eduscho: Cafissimo-Kapseln bestehen zum Großteil aus Kunststoff, die Kapseln sind über den Hausmüll zu entsorgen. Der Kaffee stammt laut Anbieter von Kaffeefarmen, die den Anforderungen der Zertifizierungsstandards Rainforest Alliance Certified oder UTZ Certified entsprechen.

Jacobs: Die Verpackung kann großteils als Kunststoffmüll entsorgt werden. Die Kaffeekapseln müssen lt. Verpackungsverordnung über den Restmüll entsorgt werden, da Kaffeesatz enthalten ist. Jacobs betont, man sei kontinuierlich bemüht, die Verpackungen weiter zu verbessern, um sowohl dem Umweltschutz als auch dem Qualitätsanspruch der Kunden gerecht zu werden.

Delica: Cremesso-Kapseln werden aus Polypropylen hergestellt, es gibt kein eigenes Recycling. Cremesso-Kaffee ist mit Ausnahme der Limited Edition Nepal UTZ zertifiziert. Cremesso-Maschinen sind laut Anbieter die energiesparendsten am Markt.

Die Alternativen

  • Wiederbefüllbare Kaffeekapseln: Hersteller wie Mister Barista, Coffeeduck oder Mycoffeestar bieten wiederbefüllbare Kapseln an. Damit sind Nutzer nicht mehr auf die vorgegebenen Sorten der Kapselhersteller angewiesen und sparen – nach der einmaligen Investition – langfristig Geld. Die Kapseln werden vor jedem Gebrauch gefüllt und danach ausgewaschen; sie sind auch für Nespresso-Maschinen geeignet.
  • Kompostierbare Kaffeekapseln: Eine preisgünstige und ökologische Alternative zu den herkömmlichen Nespresso-Kapseln versprechen Unternehmen wie die Ethical Coffee Company. Die Kapseln bestehen laut Unternehmen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Stärke und Pflanzenfasern, sie seien damit zu 100 Prozent kompostierbar. Klingt gut, doch die Idee funktioniert in der Praxis nicht. "Die Kapseln werden in den Kompostieranlagen als Störfaktor aussortiert und landen im Restmüll“, sagt Elmar Schwarzlmüller von der umweltberatung Wien.
  • Kaffeepads: Pads aus Baumwolle oder Zellstoff können im Bio-Müll entsorgt werden und sind weitaus umweltfreundlicher als Aluminium- oder Kunststoffkapseln. Bekanntester Hersteller ist Philips Senseo, für dessen Maschinen es auch Fairtrade-zertifizierte Kaffeepads wie etwa Organico oder Mundo Espresso gibt.
  • Die beste Alternative: Verzichten Sie überhaupt auf Portionskaffee. Greifen Sie zu Kaffeevollautomaten, French Press ("Durchdrück“-) Kannen, Filtermaschinen oder zur guten alten Espressokanne. Die Geräte sind meist langlebiger; außerdem können Sie bei der Auswahl des Kaffees gezielt nach Produkten suchen, die bio- oder sozial-zertifiziert sind.

Leserreaktionen

Plädoyer für Siebträgermaschine

Als längjähriger, begeisterter Leser der Zeitschrift KONSUMENT habe ich bei dem Artikel als Alternative zu Kaffeekapseln die „Siebträgermaschinen“ vermisst. Für die damit verbundene Schonung der Umwelt nehme ich den Mehraufwand des „Handlings“ bei der Zubereitung gerne in Kauf. Die Qualität meines Kaffees (Siebträgermaschine BEEM, Eduscho cafe crema, Mahlstärke 5) ist mit Nespressoqualität durchaus vergleichbar und dabei das Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbar.

Erwin Rogi
Pischelsdorf
(aus KONSUMENT 1/2016)

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