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Bild: Markus Winkler / unsplash

Datingportale - Abenteuerlich

Datingportale. Kunden schließen online vermeintlich spottbillige Testabos ab und werden dann widerrechtlich zur Kasse gebeten. Die Fälle häufen sich.

Peter A. (alle Namen geändert) schließt auf einem Datingportal ein 30-tägiges Testabo um 10 Euro ab. Über eine automatische ­Verlängerung wird er nicht informiert. Kurz darauf stellt er fest, dass ihm nicht nur 10 Euro abgebucht wurden, sondern zusätzlich ein Monatsbeitrag von 39,90 Euro. Peter A. beschwert sich per Mail beim Betreiber und fordert sein Geld zurück. Das Unternehmen reagiert nicht. Dem Kunden wird es zu bunt. Er ersucht die Kreditkartenfirma, ihm den Betrag zurückzubuchen. Diese weigert sich und verweist darauf, dass ein gültiger Vertrag zwischen A. und der Firma bestehe. Der Kunde lässt seine Kreditkarte sperren.

Rücktritt verweigert

Franz Z. schließt auf einer Erotikplattform ein 7-tägiges Testabo ab. Danach versucht er, die Mitgliedschaft telefonisch zu beenden, kann jedoch bei der Firma niemanden erreichen. Er erklärt per Mail seinen Rücktritt vom Vertrag. Das Unternehmen verweigert dies mit der Begründung, der Konsument ­habe ein Premiumangebot genutzt und ­damit eine Vertragsänderung vorgenommen.

Gehäuftes Auftreten von Beschwerdefällen

Beim Europäischen Verbraucherzentrum Österreich (EVZ) häufen sich Fälle wie die hier geschilderten. „Wir erhalten zunehmend Beschwerden zu Dating- bzw. Erotikplattformen. In den meisten Fällen geht es um automatische Vertragsverlängerungen und darum, dass Rücktritte nicht anerkannt werden“, sagt EVZ-Juristin Maria Semrad.


ECC: Co-funded by the European Union

Dieser Artikel wurde aus den Mitteln des Verbraucherprogramms der Europäischen Union (2014 – 2020) gefördert.

Seriosität des Datingportals im Internet checken

Datingportale. Kunden schließen online vermeintlich spottbillige Testabos ab und werden dann widerrechtlich zur Kasse gebeten. Die Fälle häufen sich.

Automatisch verlängerte Mitgliedschaft

Die Problemlage ist nicht neu. Bereits im Jahr 2017 gingen wir vom VKI im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums gerichtlich gegen die Firma Ideo Labs GmbH vor, die die Websites www.dateformore.at und www.daily-date.at betrieb. Der Fall weist Parallelen zu den oben geschilderten auf. Damals hatte ein Kunde ein 14-tägiges Testabo um 1 Euro abgeschlossen. Nach ­Ablauf der Schnuppermitgliedschaft stellte er fest, dass der Anbieter die Mitgliedschaft automatisch verlängert und einen Monatsbeitrag von 89,90 Euro abgebucht hatte.

Rechtskräftiges Urteil

Das Oberlandesgericht (OLG) Wien entschied rechtskräftig, dass eine automatische Vertragsverlängerung, die aus einem im Internet oder per Telefon abgeschlossenen Schnupperabo entsteht, als neuer Vertrag anzusehen ist. Daher hätte der Betreiber den Kunden noch einmal auf sein Rücktrittsrecht hinweisen müssen. Zudem verlängerte sich das normalerweise 14-tägige Rücktrittsrecht um weitere 12 Monate. Auch ein Hinweis auf der Homepage, dass die Schnuppermitgliedschaft automatisch in eine 6-monatige Mitgliedschaft übergeht, wenn nicht frist- und formgerecht gekündigt wird, ändert daran nichts.

„Dieses Urteil ist auf andere Unternehmen übertragbar, die mit Schnupperabos werben, die dann zu kostenintensiven, langen Mitgliedschaften werden. In solchen Fällen muss der Anbieter den Kunden über das Rücktrittsrecht gesondert informieren. Tut er das nicht, verlängert sich die Rücktrittsfrist um 12 Monate“, sagt Beate Gelbmann, Leiterin Abteilung Klagen im VKI. „Das ­Urteil des Oberlandesgerichts geht noch weiter. Es besagt, dass es wieder ein Rücktrittsrecht gibt, wenn ein Vertrag inhaltlich verändert oder verlängert werden soll. Das OLG bezieht sich also nicht nur auf eine Konstellation, in der ein kurzes Schnupperabo in eine langfristige Bindung übergeht.“

Rücktritt 

Konsumenten können somit Entgelt, das für den Verlängerungszeitraum bereits eingezogen wurde, zurückfordern. Ein Rücktritt vom Vertrag ist aufgrund der unrich­tigen Rücktrittsbelehrung sogar dann noch möglich, wenn bereits Angebote der 6-mona­tigen Premium-Mitgliedschaft genutzt wurden. Das Unternehmen kann für die Nutzung ein anteiliges Entgelt fordern. Wie hoch ­dieses sein darf, lässt sich pauschal nicht sagen. Das muss im Einzelfall geprüft werden. Einen Hinweis gibt allerdings ein weiteres, von der Bundesarbeiterkammer (BAK) erwirktes Urteil gegen die Partnervermittlungsbörse Parship.at. Demnach darf bei der Berechnung des anteiligen Abgeltungsbetrages nur eine zeitabhängige Aliquotierung im Verhältnis zur vereinbarten Gesamtlaufzeit vorgenommen werden.

Vorsichtig sein

Die große Anzahl der Fälle beim EVZ zeigen, dass sich die Anbieter vom vorliegenden ­Gerichtsurteil über Schnupperabos kaum beeindrucken lassen. Maria Semrad warnt: „Verbrauchern, die ein Dating-Test­abo abschließen, muss bewusst sein, dass bei ­einer ungewünschten automatischen Verlängerung und ­damit einhergehenden ­Abbuchung vom Konto außergerichtlich kaum eine Möglichkeit besteht, das abgebuchte Geld zurückzubekommen.“ Ob eine Firma seriös ist oder nicht, darüber kann ein Blick ins Internet Aufschluss geben.

Warnhinweise im Internet suchen

Gibt man den Namen der Firma (Impressum) und den Begriff „Erfahrung“ in Suchmaschinen ein, finden sich sofort entsprechende Berichte und – wenn es Probleme gibt – Warnhinweise. Maria Semrad hat noch einen ­weiteren Tipp parat: „Wenn das Unternehmen von Ihrem Bankkonto nicht geschuldete ­Mitgliedsbeiträge abgebucht hat, können Sie diese binnen 8 Wochen ohne Angabe von Gründen bei der Bank zurückholen.“ Schwierig ist es, wenn mit Kreditkarte bezahlt wurde. Kreditkartenfirmen berufen sich gerne darauf, dass zwischen Kunde und Unternehmer ein gültiger Vertrag vorliege, und verweigern die Rückbuchung.

Rücktrittsrecht

Kostenlose Musterbriefe beim Europäischen Verbraucherzentrum

Grundsätzlich gilt bei Verträgen, wie sie auf Datingplattformen abgeschlossen werden, ein 14-tägiges Rücktrittsrecht. Der Rücktritt sollte immer schriftlich erfolgen. Wird das Angebot innerhalb der Rücktrittsfrist genutzt, steht dem Unternehmer ein angemessener Wertersatz zu. Das EVZ stellt für Konsumenten, in Bezug auf unzulässige Vertragsverlängerungen und überhöhte Wert­ersatzrückforderungen kostenlos Musterbriefe zur Ver­fügung. Diese können auf Musterbriefe auf Europakonsument (MB Automatische Vertragsverlängerung und MB Parship/Elitepartner, Rückforderung Wertersatz) abge­rufen und angepasst werden.

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