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Wiener Kaffeehaus - Sozialprojekt "Vollpension"

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Die Alten seien bequem und träge, heißt es mitunter. Das Sozialprojekt „Vollpension“ ist ein Wiener Lokal der anderen Art und der Beweis, dass dieses Stereotyp nicht zutrifft.

2 Kaffeetassen, Marmorguglhupf;

Das Lokal liegt im Souterrain, seine Ter­rasse auf Straßenniveau. Ist sie geöffnet, muss die Bedienung zigmal am Tag die ­Stufen zwischen diesen beiden Ebenen nehmen. Für Helena – sie stellt sich bloß mit Vorname vor – ein wahres Fitness­programm, oder nüchterner ausgedrückt: eine besondere Herausforderung. Mit 73 Jahren ist sie nämlich nicht mehr die Jüngste. Sie kommt aus der Schweiz und lebt nun in Wien. Früher, erzählt sie, habe sie erst als Schriftsetzerin gearbeitet und dann, nachdem dieser Beruf nicht mehr ­gefragt war, als Kinderbetreuerin. Nun ist sie im Ruhestand, doch weiterhin tätig, eben als Bedienung.

Arbeit und Struktur

Einmal in der Woche arbeitet sie hier in der „Vollpension“, für fünf Stunden. So verdient sie sich etwas Geld hinzu. Doch darum gehe es ihr eigentlich gar nicht. Viel wichtiger sei ihr, etwas zu tun zu haben und unter Leute zu kommen. „Die Arbeit bringt Struktur und Abwechslung in mein Leben“, sagt sie und entschuldigt sich im nächsten Moment, denn sie muss zu einem Gast, der sie ge­rufen hat.

Ein einzigartiges Kaffeehaus

Wien ist für seine Kaffeehäuser bekannt. Man kann dort stundenlang Zeitung lesen, mitunter auch Billard spielen. Die „Vollpension“, in der Nähe des Naschmarkts gelegen, unterscheidet sich von diesen Originalen, ist auf ihre Weise einzigartig, ja neuartig – insofern, als hier die älteren Menschen im Zentrum stehen. Helena ist kein Einzelfall, vielmehr Programm. Das Personal der „Vollpension“ rekrutiert sich – der Name deutet es an – zu einem Großteil aus Pensionisten. Aus Menschen jenseits der 60 also, die einem gän­gigen Stereotyp zufolge zum alten Eisen gehören. Hier können sie beweisen, dass sie jedenfalls dazu noch in der Lage sind: Kuchen backen, Bestellungen aufnehmen, servieren.

Möbel vom Flohmarkt

Alte Sessel, plüschige Fauteuils – das Mobiliar der „Vollpension“ stammt hauptsächlich vom Flohmarkt, wie auch die Bilder an der Wand. Das Café gibt sich nicht schick; im Gegenteil, es lädt den Gast zu einer Zeitreise ein, zurück in die Vergangenheit, in jene Zeit, als er selbst noch ein Kind war und sich bei Oma und Opa immer gut aufgehoben fühlte. Gemütlich ist es hier, sagen die einen, andere finden es etwas betulich.

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