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Fasten: Askese auf Zeit - Nur für Gesunde

Fastenkuren können sich positiv auf unser Befinden auswirken, zum Abnehmen wie zur Behandlung von Krankheiten sind sie jedoch ungeeignet.

Ernährungs- und Lebensgewohnheiten ändern

Die vorösterliche Zeit nutzen gerne auch weniger bibelfeste Menschen zum Verzicht auf Nahrung und Genussmittel. Die Motive der Fastenden sind unterschiedlich. Manche versprechen sich körperliches Wohlbefinden, andere wollen schlicht abnehmen, und einige erhoffen sich Heilung von körperlichen Gebrechen.

Um es vorwegzunehmen: Eine Fastenkur eignet sich nicht, um dauerhaft Gewicht abzubauen. Wer seine Ernährungs- und Lebensgewohnheiten nicht ändert, macht nach dem Fasten Bekanntschaft mit dem berüchtigten Jo-Jo-Effekt. Der Organismus reagiert nämlich auf die Phase des Mangels und stellt seinen Stoffwechsel um. Wird wieder normal gegessen, legt der Körper erst einmal ein Depot für ähnlich schlechte Zeiten an. Die aufgenommenen Kalorien sitzen in Form von Fettdepots schnell auf den Hüften und man nimmt leichter zu als zuvor.

Stationäre Behandlung mit Fasten

In der Therapie findet das Fasten bereits zu Zeiten Hippokrates’ (460–370 v. Chr.) Erwähnung. Als Pionier des sogenannten Heilfastens gilt allerdings der deutsche Arzt Otto Buchinger (1882–1970). Er entwarf ein Modell der stationären Behandlung mit Fasten, das andere Naturheilverfahren wie Wasseranwendungen, Bewegung und Pflanzenheilkunde einschloss. Seither haben sich im In- und Ausland zahlreiche Fasteneinrichtungen etabliert, die unterschiedliche Konzepte verfolgen.

Fasten allein genügt nicht

Eine Fastentherapie beginnt in der Regel mit kalorienreduzierter Kost und dem Verzicht auf Kaffee, Tee, Alkohol und Nikotin. Die Fastenperiode wird zwar häufig mit der Einnahme von Abführmitteln eingeleitet, wissenschaftlich gibt es dafür jedoch keine plausible Begründung.

Unzweifelhaft ist dagegen die Notwendigkeit einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr. Pro Tag sollten mindestens zweieinhalb Liter aufgenommen werden. In stationären Einrichtungen wird die Fastenkur durch regelmäßige Bewegung wie Ausdauertraining, Gymnastik, Wandern oder Schwimmen unterstützt. Vielfach werden auch Entspannungstechniken wie autogenes Training oder Yoga angeboten.

Zwei bis vier Wochen optimal

Anhänger des Heilfastens geben als optimale Dauer – abhängig von der individuellen Verfassung – zwei bis vier Wochen an. Wer ohne Anleitung eines Arztes fastet, sollte die Kur auf fünf bis sieben Tage beschränken. Das Fasten wird meist mit einem Apfel zu Mittag und einer Kartoffelsuppe am Abend gebrochen. In den folgenden drei Tagen wird nach und nach zu einer vegetarischen Kost übergegangen, die Eier und Milchprodukte einschließt.

Ärztliche Untersuchung

Grundsätzlich sollten sich nur gesunde Menschen auf eine Fastenkur einlassen. Insbesondere für Patienten mit Herzerkrankungen oder Bluthochdruck, für Schwangere oder Stillende sowie für Senioren über 65 Jahre ist dies nicht empfehlenswert und mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Vor Beginn einer Fastenkur sollte deshalb eine ärztliche Untersuchung erfolgen.

Fastende berichten über eine positive Grundstimmung. Dies könnte am Adrenalinschub liegen, den ein leerer Magen und der fallende Blutzuckerspiegel auslösen. Der weitere Verlauf wird durch einen verlangsamten Puls und sinkenden Blutdruck gekennzeichnet. Mit der Zeit stellt der Organismus seinen Stoffwechsel um. Die Bauchspeicheldrüse produziert weniger Insulin und mehr Glukagon. Die Leber wird veranlasst, ihre Zuckerspeicher zu leeren. Ab dem zweiten Fastentag wird Fettgewebe mobilisiert sowie Eiweiß abgebaut, um daraus Zucker zu gewinnen.

Abbau der Muskeln

Der Eiweißabbau ist mehrere Tage lang relativ hoch und sinkt später. In der Anfangsphase des Fastens werden den Muskeln täglich etwa 75 Gramm Eiweiß entzogen, nach fünf bis sechs Wochen nur noch etwa 20 bis 30 Gramm. Sind die Fettreserven nahezu komplett aufgebraucht, wird das restliche Eiweiß bei weiterem Fasten sehr schnell abgebaut. Dies kann rasch zum Tod führen.

Zur Therapie nicht geeignet

Positive gesundheitliche Effekte, die während des Fastens möglicherweise auftreten, verschwinden im Allgemeinen rasch, wenn der Betroffene wieder zu seiner ungesunden Ernährung zurückkehrt. Über die Anwendung des Fastens bei rheumatoider Arthritis liegen einige kontrollierte Studien vor. Diese sprechen für eine therapeutische Wirksamkeit. Allerdings stellten die teilnehmenden Patienten ihre Ernährung im Anschluss auf vegetarische Kost um. Darüber hinaus wird Fasten bei einer Reihe anderer Erkrankungen empfohlen, so zum Beispiel bei Rückenschmerzen und degenerativen Gelenkserkrankungen. Kontrollierte Studien für diese Indikationen liegen jedoch nicht vor.

Vorsicht: erhebliches Risiko

Da der Mensch nur kurzfristig fasten kann und soll, sind positive Effekte für die Gesundheit medizinisch kaum relevant. Auf lange Zeit gesehen kann Fasten den Gesundheitszustand nur verbessern, wenn damit eine Umstellung des Lebensstils einhergeht.

Totales Fasten ist mit einem erheblichen Risiko behaftet. Geringer ist das Risiko, wenn weiterhin wichtige Nährstoffe zugeführt werden. Ein Abwägung von Nutzen und Risiko fällt aus medizinischer Sicht insgesamt negativ aus. Fasten ist zur Behandlung von Krankheiten und Störungen nicht geeignet.

Vier Fastenkuren

Buchinger-Fasten (Bild: iStockphoto)

Buchinger-Fasten

Zu den üblichen zweieinhalb Litern Wasser täglich wird jeweils ein Viertelliter Gemüsebrühe und Obstsaft getrunken. Die Getränke dürfen maximal mit 30 Gramm Honig pro Tag gesüßt werden.
Damit nimmt der Fastende pro Tag etwa 500 Kalorien auf.

Eiweißmodifiziertes Fasten (Bild: iStockphoto)

Eiweißmodifiziertes Fasten

Bei dieser Fastenkur wird zusätzlich zu kalorienfreien Getränken ein Quantum Buttermilch oder Molke getrunken. Auf diese Weise muss nicht völlig auf Eiweiß verzichtet werden, die Proteinverluste des Körpers halten sich so in Grenzen.

Eiweißmodifizierte Formula-Diäten (Bild: iStockphoto)

Eiweißmodifizierte Formula-Diäten

Zusätzlich zu kalorienfreien Getränken nimmt der Fastende eine Flüssigkeit auf, die aus einem
industriell hergestellten Pulver angerührt wird. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Eiweiß, Kohlenhydraten, Vitami-nen und Mineralstoffen.

Mayr-Kur (Bild: Wodicka)

Mayr-Kur

Die Kur beginnt mit Tee-Wasser-Fasten, gefolgt von einer „Milch-Semmel-Diät“, bei der morgens und mittags je ein altbackenes Brötchen mit Milch gegessen wird. Zum Abschluss werden kleine Mengen mageres Fleisch oder Fisch und fettfrei zubereitetes Gemüse verzehrt.

Fasten: Kompetent mit "Konsument"

  • Ärztliche Untersuchung  . Menschen, die fasten möchten, sollten sich vorher ärztlich untersuchen lassen. Menschen mit Herzrhythmusstörungen, koronarer Herzkrankheit, Diabetes und hohem Blutdruck sollten nicht fasten.
  • Nebenwirkungen  . Während des Fastens können Schlaf-, Seh- und Kreislaufstörungen, leichter Unterzucker, Kopfschmerzen oder Nierenbeschwerden auftreten. Fastende haben häufig einen unangenehmen Mundgeruch und frieren leicht.
  • Schwangere, Kinder und Ältere.  Für Kinder unter 14 Jahren sowie Schwangere, Stillende und ältere Menschen ist Fasten ungeeignet.
  • Vorsicht  . Wenn durchs Fasten Sehstörungen oder Schwindel auftreten, sollten keine Fahrzeuge und schweren Maschinen bedient werden. Auf Arbeiten ohne sicheren Halt ist zu verzichten.

Fasten: Mehr zum Thema

Weitergehende Informationen zum Thema Fasten können Sie unserem Handbuch  „ Die Andere Medizin
entnehmen. Sie finden das Inhaltsverzeichnis sowie ein Musterkapitel. Darüber hinaus bietet die Publikation genaue Beschreibungen und Bewertungen zu über 50 „alternativen“ Verfahren – von A wie Ayurveda bis Z wie Zelltherapie (336 Seiten, 34 Euro).

 

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E-Mail: kundenservice@konsument.at

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