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Lebensmittel: Haltbarkeit - Zu schade für den Müll

, aktualisiert am

Auch wenn ein Lebensmittel bereits "abgelaufen" ist, kann es durchaus noch genießbar sein. Was Verbrauchsdatum und Mindesthaltbarkeit bedeuten und woran Sie erkennen, ob etwas auf den Tisch kommen kann oder besser im Mistkübel landet.

Obwohl manche Lebensmittel Wochen, wenn nicht Monate länger halten, als auf der Verpackung steht, landen in Österreich jährlich rund 157.000 Tonnen Essbares (verpackt oder unverpackt) sowie Speisereste im Restmüll. Umgerechnet ergibt das 19 Kilogramm Lebensmittel im Wert von 300 Euro pro Person und Jahr.

Brot, Obst, Fleisch, Milchprodukte

Am häufigsten werden laut Lebensministerium Brot, Süß- und Backwaren (28 Prozent) weggeworfen. An zweiter Stelle liegen Obst und Gemüse (27 Prozent), gefolgt von Milchprodukten und Eiern (12 Prozent). Fleisch, Wurstwaren und Fisch belegen mit je 11 Prozent Platz 4.

Ein Drittel der Lebensmittel-Produktion geht verloren

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) geht davon aus, dass weltweit rund ein Drittel der für den menschlichen Verbrauch produzierten Lebens­mittel ver­loren geht. Gleichzeitig leiden nach FAO-Schätzungen rund 925 Millionen Menschen an Hunger und Unterernährung.

Ethisches und finanzielles Problem

Diese Verschwendung ist nicht nur ethisch bedenklich, sondern auch ein finanzielles Problem. Selbst im wohlhabenden Österreich gelten knapp eine Million Menschen als armutsgefährdet. Zunehmend mehr Österreicherinnen und Österreicher wollen oder können bei dieser Wegwerf-Unkultur nicht mehr mitspielen.

Mindesthaltbarkeitsdatum, Verbrauchsdatum

 
"Mindestens haltbar bis"

Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD)

Einen ersten Hinweis darauf, wie lange ein Lebensmittel hält, geben die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben am Produkt: das Verbrauchsdatum "zu verbrauchen bis" und das Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD). Den Hinweis "zu verbrauchen bis ..." findet man auf leicht verderblichen Lebensmitteln wie z.B. rohem Fleisch.

Verbrauchsdatum

"Zu verbrauchen bis"

Produkte, die mit ­einem Verbrauchsdatum versehen sind, dürfen nach Ablauf der Frist nicht mehr verkauft werden. Und sie sollten ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr verzehrt werden. Bei diesen Lebensmitteln besteht nämlich die Gefahr, dass sich Keime und Bakterien vermehren. Insbesondere im Sommer, wenn die Kühl­kette schnell einmal unterbrochen wird, ­sollten Sie besonders vorsichtig sein. Aber auch unabhängig vom Verbrauchsdatum gilt: "Fischelt" der Fisch oder hat das Fleisch einen strengen Geruch, dann gehören sie nicht mehr auf den Teller!

Einfrieren oder Vorkochen

Haben Sie zu viel auf Vorrat eingekauft und steht das Verfallsdatum unmittelbar bevor, lässt sich mit einfachen Maßnahmen Zeit gewinnen. Fleisch etwa können Sie einfrieren oder es verkochen und dann in den Tiefkühler geben. Im Kühlschrank hält sich ein fertiges Saftfleisch, ein vorgekochtes Spaghettisugo zwei bis drei Tage, auf Eis gelegt etwa zwei Monate.

Haltbar ohne Ende?

Mindesthaltbarkeit (MHD)

Neben dem Verbrauchsdatum gibt es auch das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), das auf fast allen verpackten Lebensmitteln angebracht sein muss. Es gibt jenen Zeitpunkt an, bis zu dem ein ungeöffnetes(!) Produkt bei sachgerechter Lagerung seine spezifischen Eigenschaften behält. Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht, so bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die Ware verdorben und somit nicht mehr zum Verzehr geeignet ist.

Geruch, Geschmack, Farbe geändert

Vielleicht sind nur Geruch, Geschmack, Nährstoffgehalt, Farbe oder Konsistenz ­verändert. So können z.B. Gewürze an geschmacklicher Intensität verlieren, Marme­lade kann die Farbe verändern und das Schlagobershäubchen am Pudding aus der Form geraten. Möglich ist aber auch ein ­störender Geschmack, etwa wenn Öle oder fetthaltige Lebensmittel ranzig werden.

Haltbar ohne Ende?

Ohne MHD kommen Getränke mit einem ­Alkoholgehalt von 10 Volumsprozent (Vol.-%) oder mehr aus. Weiters Essig, Speisesalz, Zucker oder Kaugummi, aber auch Back­waren wie Krapfen oder Golatschen, die ­normalerweise innerhalb von 24 Stunden verzehrt werden. Frischobst und Frisch­gemüse (einschließlich Erdäpfeln), das nicht geschält bzw. geschnitten angeboten wird, benötigt ebenfalls kein Mindesthaltbarkeitsdatum. Sehr wohl aber müssen abgepackte Keime, Sprossen, Salate und Ähnliches ein MHD aufweisen.

Abgelaufen, aber in Ordnung

Verantwortlich für die Angabe, wie lange ein Lebensmittel hält, sind in den meisten Fällen die Produzenten. Ihnen wurde diese Aufgabe deshalb übertragen, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sie am besten über den Herstellungsprozess Bescheid wissen und daher auch zuverlässig einschätzen können, wie lange ihre Produkte in Ordnung sind. Denn die Haltbarkeit hängt unter anderem auch davon ab, ob und welche Zusatzstoffe als Konservierungsmittel verwendet wurden, ob pasteurisiert wurde und welche Qualität die Rohware hatte, um nur einige Beispiele zu nennen.

MHD abgelaufen, Ware in Ordnung

Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeits­datum abgelaufen ist, dürfen im Handel ­bleiben, wenn sie in Ordnung und mit einem deutlichen Hinweis versehen sind – etwa: "Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen, Ware in Ordnung". Eine Verlängerung des MHD ist dagegen nicht zulässig.

Nach wie vor genießbar

Viele Lebensmittel kann man noch lange nach Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist konsumieren. Dazu gehören etwa Reis, ­Nudeln, Mehl, Marmelade, Tee, Kaffee oder Kakaopulver. Und wenn sich ein grauer Belag auf der Schokolade zeigt? Das bedeutet nur, dass ihr einmal zu warm wurde. Dann wandern Fettkristalle an die Oberfläche und bilden einen "Fettreif", was zwar nicht so schön aussieht, die Genießbarkeit der Schokolade aber nicht beeinträchtigt.

Eine Einschränkung gibt es bei Vollkornmehl. Es kann nach Ablauf der Mindesthaltbarkeit noch tadellos sein; da aber der fetthaltige Keim in diesem Mehl enthalten ist, wird es rascher ranzig als herkömmliches Auszugsmehl.

Konserven, eingelegtes Gemüse, Tiefkühlkost

Konserven, Marmeladen, Kompott oder eingelegtes Gemüse sind meist auch noch ­Monate nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum genießbar, müssen aber, wenn sie einmal geöffnet sind, rasch verbraucht werden. Auch Tiefkühlkost hält meist noch Monate über das MHD hinaus. Fetthaltige Lebensmittel wie Käse, Würste, Fleischknödel oder Cremetorten verderben allerdings rascher als eingefrorenes Brot, Obst oder Gemüse.

Eier, Milchprodukte, Wurst

Eier: bis zu zwei Wochen nach Ablauf der MHD

"Mindestens haltbar bis"
– "Verkauf bis"

Frische Eier dürfen beim Verkauf maximal 21 Tage, also drei Wochen alt sein. Da sie ­gekühlt problemlos noch eine Woche länger halten, ist ihr Mindesthaltbarkeitsdatum mit 28 Tagen festgelegt. Eier kann man in der ­Regel noch rund zwei Wochen nach Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist problemlos verkochen oder zum Backen verwenden, sofern die Kühlkette nicht unterbrochen wurde.

Ebenso wichtig ist, dass sie beim Verarbeiten gründlich erhitzt werden. Rinnt das Klar des aufgeschlagenen Eis fast so flüssig wie ­ Wasser in die Schüssel? Dann sollten Sie den rohen Dotter nicht mehr für Mayonnaise, ­Cremen oder Tiramisu verwenden, und zwar unabhängig davon, ob das MHD erreicht ist oder nicht.

Milchprodukte

Milch und Milchprodukte müssen jeweils im Einzelfall geprüft werden. Milch, ausgenommen Rohmilch, wird nicht mehr sauer, sondern schmeckt bitter, wenn sie verdorben ist. Das gilt auch für "länger haltbare" Milch (auch ESL Milch genannt), H-Milch und -Obers oder Sauermilchprodukte. Verschimmelte Milchprodukte müssen entsorgt werden. Lediglich bei Hartkäse kann man Stellen mit Schimmelbefall großzügig wegschneiden. Achtung: Kontrollieren Sie dabei auch die Löcher oder Risse im Käse, da sich dort oft Schimmel versteckt.

Wurst und Aufstriche

Wurst und Aufstriche halten maximal ­ wenige Tage über das MHD hinaus. Bildet sich ein schmieriger Belag, riecht das Produkt streng? Dann am besten weg damit. Schimmel ist lediglich auf Salami harmlos und gewollt – zumindest, solange es sich um den weißen Edelschimmel handelt.

Mit allen Sinnen prüfen

Generell gilt: Prüfen Sie das Lebensmittel mit allen Sinnen, bevor Sie es verzehren oder verarbeiten, egal ob Verbrauchsfrist bzw. Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht sind oder nicht. Schauen Sie es auf Schimmel- oder Insektenbefall an. Schnuppern Sie, ob etwas ranzig, vergoren oder sauer riecht, was so nicht riechen sollte. Kosten Sie vorsichtig, ob Milchprodukte einen bitteren ­Geschmack aufweisen. Denn bei aller Sorgfalt: Passieren kann immer etwas, sei es ein Produktionsfehler, ein Transportschaden oder eine Unterbrechung der Kühlkette.

Dumpster Diving

In vielen Teilen der Welt und zum Teil auch bei uns ist die Suche nach Essbarem im Müll vor allem ein Zeichen bitterer Armut. In unserer westlichen Überflussgesellschaft machen sich aber zunehmend auch junge Menschen in den Mülltonnen der Märkte und Supermärkte auf die Suche nach Essen, obwohl sie nicht in Not sind. Sie gehen nicht mehr einkaufen, sondern "containern", "dumpstern" oder "mülltauchen".

Gegenentwurf zur Wegwerfgesellschaft

Vielfach weniger aus Geldmangel denn aus ethischen Gründen, als gelebten Gegenentwurf zur Wegwerfgesellschaft. Das Motto lautet: solidarisches Handeln. Oft werden die herausgefischten Lebens­mittel mit Gleichgesinnten oder sozial Schwächeren geteilt. Auch der Respekt vor Essbarem ist ein wichtiger Beweggrund.

Zeitfrage

Das Verbrauchsdatum ist bei besonders empfindlichen und leicht verderblichen Lebensmitteln mit "zu verbrauchen bis ..." anzugeben.

Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) muss in einer der folgenden Formen angegeben sein:

  • Tag und Monat, bei Haltbarkeit von weniger als 3 Monaten
  • Monat und Jahr, bei Haltbarkeit zwischen 3 und 18 Monaten
  • Jahr, bei Haltbarkeit von mehr als 18 Monaten

In Verbindung mit der Angabe "mindestens haltbar ..." muss entweder das Datum selbst angegeben sein oder die Stelle genannt werden, an der es auf der Packung zu finden ist. Das Datum ist eindeutig in der zwingenden Reihenfolge Tag, Monat, Jahr anzugeben.

Zusammenfassung

  • Verbrauchsdatum unbedingt beachten. Empfindliche Lebensmittel nach Ablauf des Verbrauchsdatums entsorgen. Es besteht die Gefahr, dass sich hier Keime und Bakterien vermehren.
  • Länger haltbar. Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ist kein Verfallsdatum! Viele Lebensmittel können Sie auch nach Ablauf der Frist noch essen.
  • Lagerungshinweise beachten. Das Mindesthaltbarkeitsdatum gilt nur bei richtiger Lagerung. Je nach Produkt ist eine durchgehende, ausreichende Kühlung, Lichtschutz oder ein trockener Lagerplatz erforderlich.
  • Selbst testen. Prüfen Sie jedes Lebensmittel mit allen Sinnen. Hat es sich verfärbt, hat sich Schimmel gebildet, riecht es eigenartig, hat eine Gasbildung stattgefunden? Dann werfen Sie es im Zweifelsfall lieber weg.

Leserreaktionen

Lob für KONSUMENT

Besonders gefreut habe ich mich über Ihre beiden Artikel „Vergaloppiert“ und „Zu schade für den Müll“. Gerade alltägliche Dinge wie diese werden für meinen Geschmack leider zu wenig thematisiert oder etwaige Missstände gar unter den Teppich gekehrt.

Besonders interessant fand ich die Informationen über die tatsächliche Haltbarkeit gewisser Lebensmittel und auch die erschreckenden Fakten über die Massentierhaltung/Fleischproduktion und deren Auswirkungen (Hungerkrisen, Umweltbelastung), mit denen ich mich als Vegetarierin bereits auseinander gesetzt habe, aber davon überzeugt bin, dass sie einem Großteil unserer Bevölkerung nicht annähernd bewusst sind.

Jasmin Klingenschmid
Birgitz
(aus KONSUMENT 11/2013)

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