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Lebensmittelkonservierung - Unter Verschluss

, aktualisiert am

Einfrieren und Einkochen kennt jeder. In der Lebensmittelindustrie werden aber auch andere ­Verfahren eingesetzt, um Produkte über einen möglichst langen Zeitraum haltbar zu machen.

Bakterien mögen es nicht zu sauer. Der niedrige pH-Wert von Essig behindert ihre Vermehrung. Bei der industriellen Herstellung von Essiggurkerln übergießt man gewaschene, unreife Gurken mit einem heißen Essig-Kräuter-Sud und pasteurisiert sie zusätzlich. Vor dem Schließen des Deckels wird die Luft aus dem Glas abgesaugt, um das Wachstum von Mikroorganismen zu verhindern. Diese Maßnahmen bewahren das Gemüse viele Monate vor dem Verderb.

Auf Sauberkeit achten

Damit Essiggurkerl auch im geöffneten Glas lange frisch bleiben, muss auf Sauberkeit ­geachtet werden, denn nur dann "verlangsamt der Essig weiterhin das Bakterienwachstum", wie Dr. Regine Schönlechner vom Institut für Lebensmitteltechnologie der Universität für Bodenkultur Wien erklärt. Die Gurkerl immer mit einer sauberen Gabel oder Zange herausfischen. Niemals mit bloßen Fingern ins Glas greifen, schon gar nicht, wenn sie fettig sind! Wird die Flüssigkeit trotz aller Vorsicht mit der Zeit milchig oder blasig, sofort ab damit in den Müll, Gurken inklusive.

Alkohol, Zucker, Öl

Das Einlegen in Alkohol oder Zuckersirup funktioniert übrigens nach demselben Prinzip wie die Essig-Methode: Alkohol schafft ein ungünstiges Milieu für Mikroorganismen, und Zucker bindet das im Produkt verfügbare Wasser, was die Vermehrung der Keime ebenfalls hemmt. Auch das Einlegen in Öl ist möglich. Diese Methode wird meist mit einer zweiten kombiniert, nämlich dem Trocknen von Lebensmitteln. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die seit einiger Zeit besonders beliebten getrockneten Tomaten in Olivenöl.

Räuchern und Pökeln

Räuchern und Pökeln

Der Rauch von Holzfeuern enthält Stoffe, die Mikroorganismen abtöten. Höhere Tem­pe­ratur und Trocknung wirken ebenfalls ­unterstützend bei der Konservierung. Typische Räucherwaren sind: Kochschinken und Geselchtes (heiß geräuchert bei 50 bis 80 Grad C), Frankfurter Würstel und Extrawurst (warm geräuchert bei 25 bis 50 Grad C) sowie Speck und Räucherlachs (kalt geräuchert bei 15 bis 25 Grad C). "Die Anwendung von flüssigen Raucharomen ist zwar rein geschmacklich interessant, geht aber wieder zurück, weil die Hersteller es nicht gerne deklarieren", sagt Dr. Schönlechner.

Mit Pökelsalz behandeln

Vor dem Räuchern wird das rohe Fleisch mit Pökelsalz behandelt: Einreiben, Einspritzen, Einlegen und Einwalken ("Poltern") sind gängige Verfahren. Pökelsalz hemmt durch Flüssigkeitsentzug nicht nur die Vermehrung von Keimen, sondern sorgt auch für eine schöne rote Fleischfarbe. Wer möchte schon einen grauen Schinken essen.

Nitrat, Nitrit, Nitrosamine

Ein Nachteil von Pökelsalz ist: Es enthält ­Nitrat, das in Nitrit umgewandelt wird. Nitrit ist schon in kleiner Dosierung giftig und kann zudem noch – gemeinsam mit Eiweißbausteinen – krebserregende Nitrosamine bilden. Da einige dieser Verbindungen bei hohen Temperaturen in größerer Menge entstehen, sollten gepökelte Fleischwaren nicht gebraten oder gegrillt werden. Finger weg auch von Gegrilltem in Kombination mit ­Käse. Auch wenn sie noch so gut schmecken: Salamipizza, knusprig gebratenen Speck oder Hawaiitoast nur selten auf den Speiseplan setzen!

Chemisch konservieren, Lebensmittel bestrahlen

Chemisch konservieren

Die meisten aller konservierten Lebensmittel werden durch Erhitzen oder Senkung der Wasserverfügbarkeit haltbar gemacht. Nur wenigen sind chemische Substanzen zugesetzt, die das Wachstum von Mikroorganismen hemmen (siehe rechts "Konservierungsstoffe"). So z.B. leicht verderb­lichen Erzeugnissen wie Mayonnaise- oder Fischsalat, wo eine Hitzesterilisation oder Trocknung nicht möglich ist. Auch wirtschaft­liche Gründe erfordern den Einsatz von Konservierungsstoffen: In hoch entwickelten Ländern versorgt heute ein Bauer zirka 100 Menschen – der Weg eines Nahrungsmittels vom Erzeuger zum Verbraucher wird immer länger, was höhere Anforderungen an die Haltbarkeit stellt.

Besser konserviert als schimmlig

Das wichtigste Argument aber betrifft die Gesundheit. Weil Schimmelpilzgifte stark krebs­erregend sind, hat das Verhüten der Schimmelbildung oberste Priorität. "Es ist bestimmt günstiger, einige Milligramm eines harmlosen Konservierungsstoffes wie Sorbinsäure zu sich zu nehmen als einige Mikrogramm Aflato­xine", meint Dr. Schönlechner. Es geht nicht darum, ein vergammeltes Lebensmittel keimfrei zu machen, sondern darum, es in einem guten Zustand zu erhalten.

Lebensmittelbestrahlung

Bei der Behandlung mit ionisierenden Strahlen werden die Nahrungsmittel an einer Strahlungsquelle (meist Cobalt-60) vorbeigeführt. Dadurch werden bei höherer Strahlendosis Mikroorganismen abgetötet, eine geringere Strahlenmenge kann die Reifung von Obst und Gemüse verzögern und z.B. bei Kartoffeln oder Zwiebeln das Aus­keimen verhindern.

"In Österreich gibt es keine derartigen Anlagen, weil ihr Betrieb zulassungspflichtig und kostenintensiv ist und außerdem österreichische Konsumenten die Lebensmittelbestrahlung mehrheitlich ablehnen", weiß Dr. Christoph Czerwenka, Leiter der Gruppe Kontaminanten- und ­Spezialanalytik der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Das Verfahren ist hierzulande lediglich für getrocknete Kräuter und Gewürze erlaubt und muss auf der Verpackung entsprechend deklariert sein.

Nur wenige Ausreißer

Die AGES führt regelmäßig stichprobenartige Untersuchungen nicht nur von Gewürzen und Kräutern, sondern auch von Geflügel und Fisch durch, denn die Bestrahlung dieser Produkte ist in einigen anderen EU-Ländern wie Frankreich, Belgien oder den Nieder­landen gestattet. Aktuell gibt es nur sehr selten Verletzungen der gültigen Bestimmungen. Czerwenka: "Nur vereinzelt gelangen importierte bestrahlte Waren auf den heimischen Markt, etwa in Spezialshops ­erhältliche Gewürzmischungen aus Fernost oder Trockensuppen aus der Türkei."

Vakuum, Schutzgasatmosphäre, Tiefkühlen

Vakuum

Die gasdichte Vakuumverpackung dient in erster Linie dazu, dass kein Sauerstoff an empfind­liche Lebensmittel wie Frischfleischprodukte kommt. Sie verlangsamt nicht nur das Wachstum von Mikroorganismen, sondern verhindert auch die Oxidation, z.B. das Ranzig­werden von Fett.

Schutzgasatmosphäre

Das Verpacken ­unter Schutzgas­atmosphäre verlängert die Haltbarkeit etwa von abgepacktem Brot, küchenfertig vorbereitetem Salat und zunehmend auch von Frischfleisch. Zum Einsatz kommen geschmacksneutrale Bestandteile von Luft wie Kohlenstoffdioxid, Stickstoff und Sauerstoff, wobei der Mengenanteil der Gase je nach Produkt variiert.

Tiefkühlen

Gefrieren tötet Mikroorganismen nicht ab, hemmt sie aber stark im Wachstum, weil das dafür benötigte Wasser nicht mehr zur Ver­fügung steht. Beim industriellen Tiefkühlen wird durch eine besonders schnelle Schockfrostung die Bildung von größeren Eiskristallen und damit die Zerstörung der Zellwände verhindert. Lebensmittel, die durch Tief­kühlen konserviert wurden, weisen selbst nach einer Lagerung von mehreren Monaten die geringsten Vitamin- und Nährstoffver­luste auf.

Mit Strom und Licht gegen Keime

Zukunftsmusik

Neben den bekannten Verfahren werden seit Längerem Konservierungsmethoden erprobt, die auf der Wirkung von elektro­magnetischen Wellen und hohem hydrostatischen Druck basieren. Beispiele dafür sind die Hochfrequenzerhitzung und die Ohmsche Erhitzung. Die Hochfrequenzerhitzung ar­beitet mit niedrigeren Frequenzen als ­herkömmliche Mikrowellengeräte. Die ­Ohmsche Erhitzung nutzt die Bewegung von Ionenströmen, die entstehen, wenn durch das Lebensmittel Strom hindurchfließt. Mit beiden Methoden lassen sich Lebensmittel gleichmäßig erhitzen.

Mit Strom und Licht gegen Keime

Beim elektrischen Hochspannungsimpulsverfahren zerstören kurze Stromstöße die Zellmembran der Mikroorganismen. Beim Lichtimpulsverfahren nutzt man kurze ­Lichtblitze, beim Magnetimpulsverfahren starke Magnetfelder, um Keime zuverlässig abzutöten.

In den USA, Japan und einigen europäischen Ländern sind bereits Lebensmittel im Handel, die durch hydrostatischen Hochdruck (4000 – 8000 bar) haltbar gemacht wurden. Die ­meisten der neuen Konservierungsmethoden befinden sich aber noch im Stadium der ­Erprobung. Es fehlt an ausreichenden Erkenntnissen zu chemischen und biologischen Veränderungen im Lebensmittel.

Konservierungsstoffe: Sorbinsäure, Benzoesäure, Schwefeldioxid, Natamycin

Keine andere Gruppe von Lebensmittel-Zusatzstoffen erregt so sehr das Misstrauen der Konsumenten wie Konservierungsmittel.

Diese Substanzen werden am häufigsten verwendet:

Sorbinsäure und Sorbate: Diese gesundheitlich unbedenklichen Stoffe werden im menschlichen Organismus wie eine Nahrungsfettsäure verdaut und bremsen die Hefe- und Schimmelpilzvermehrung sehr gut. Weltweit angewandt z.B. für Mayonnaisen und Salatsaucen, Fleisch- und Wurstwaren, Fisch- und Obsterzeugnisse, Back- und Süßwaren sowie Getränke.

Benzoesäure und Benzoate: Diese ­Substanzen bekämpfen hauptsächlich ­ Hefe- und Schimmelpilze und werden oft in Kombination mit Sorbinsäure verwendet. Wegen möglicher allergischer Reaktionen sollten sie von Asthmatikern und Menschen, die auf Aspirin überempfindlich reagieren, gemieden werden. Benzoesäure ist nur für bestimmte Lebensmittel wie Konfitüren, ­Oliven oder Aspik zugelassen. Gemeinsam mit Sorbinsäure darf sie u.a. Fischkonserven, eingelegtem Gemüse und kandierten Früchten zugegeben werden.

Schwefeldioxid und Sulfite: Sie hemmen effektiv das Wachstum von Hefen, Schimmel und Bakterien. Diese Stoffe werden schon seit über 2000 Jahren bei der Weinerzeugung eingesetzt, vor allem, um den Essig- und Milchsäurestich zu verhindern. Bei Trockenobst und kandierten Früchten schützt die Schwefelung auch vor Fraßschädlingen und Braunfärbungen. Manche Menschen rea­gieren schon nach der Aufnahme geringer Mengen mit Kopfschmerzen, Übelkeit oder Durchfall.

Natamycin (Pimaricin): Natamycin wirkt antibiotisch gegen Hefen und Schimmel­pilze. Es ist zur Oberflächenkonservierung von Käse und Pökelwurst zugelassen. Obwohl der Stoff nicht vom Darm auf­genommen wird, kann es zur Bildung von Resistenzen kommen. Außerdem wird Natamycin auch in der Medizin verwendet. Falls Sie die Substanz in der Zutatenliste ent­decken, schneiden Sie vor dem Verzehr die Rinde großzügig (5 mm) weg – oder lassen Sie das Produkt gleich im Verkaufsregal liegen.

Leserreaktionen

Fehlende Punkte

Unter Lebensmittelbestrahlung erwähnen Sie nicht die Diskussion darüber, dass durch die Bestrahlung der sichtbare Verderb reduziert wird – das aber auf Kosten des unsichtbaren, dieser also maskiert wird. Dass die Verwendung von Schutzgas öfter dem einzigen Zweck dient, beispielsweise Fleisch nur optisch frischer erscheinen zu lassen, wird nicht einmal angedeutet. Bei Sorbinsäure fehlt der Hinweis, dass Sorbinsäure in seltenen Fällen allergieauslösend wirken und Schleimhäute oder Haut empfindlicher Personen reizen kann.

Harald Fischer
E-Mail
(aus KONSUMENT 8/2013)

Lebensmittelbestrahlung ist in Österreich lediglich für getrocknete Kräuter und Gewürze erlaubt und muss auf der Verpackung entsprechend deklariert sein. Bei der Verpackung von Lebensmitteln unter Schutzgas können mit zunehmender Dauer nachteilige Effekte entstehen. Allerdings ist unklar, ob sie bereits innerhalb der üblichen kurzen Haltbarkeitsfristen auftreten. Durch Sorbinsäure hervorgerufene allergieähnliche Ausschläge wurden ausschließlich in Hauttests beobachtet. In seltenen Fällen kann es zu Unverträglichkeitsreaktionen kommen.

Die Redaktion

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