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Skischuhe - Fester Halt macht sicher

, aktualisiert am

  • Qualität hat ihren Preis, aber auch ihren Sinn.
  • Hohe individuelle Anpassbarkeit.
  • Nur ein gut sitzender Skischuh gibt Sicherheit.

Die besten „Brettln“ nutzen wenig, wenn ein wichtiges Bindeglied nicht optimal gewählt ist – die Skischuhe nämlich, welche die Bewegungen aus den Beinen unmittelbar und ohne Kraftverlust auf die Ski übertragen sollten.

Sportliche Modelle ...

Im aktuellen Test haben wir uns auf eher sportliche Damen- und Herrenmodelle der gehobenen Preisklasse konzentriert. 300 bis 400 Euro sind keine Kleinigkeit, aber die gebotene Qualität stimmt. Das merkt man auch an der Verarbeitung und an den verwendeten Materialien (hochwertige Kunststoffe, Innenschuhe teilweise mit Leder).   

... der gehobenen Preisklasse

Kein Qualitätsmerkmal ist die Anzahl zusätzlicher Ausstattungsdetails und Einstellmöglichkeiten. Je sportlicher ein Modell, desto weniger bietet es, was aber nicht ­automatisch bedeutet, dass Sie mit deut­lichen Komforteinschränkungen rechnen müssen. Vom „guten“ Damenmodell Dalbello Raya 10 abgesehen, hat beispiels­weise keiner der getesteten Skischuhe die sogenannte Gehfunktion, die durch ein freischaltbares Gelenk im Knöchelbereich den Fußweg vom Parkplatz zur Piste und retour erleichtern kann. Trotzdem musste nur ein einziges Modell bei der Bewertung des Gehens bzw. Stehens eine schlechtere Note als „gut“ hinnehmen (das Damen­modell Head Dream 10.5).

Feinabstimmung

Feinabstimmung

Entscheidender ist der gute Sitz beim Fahren. Diesbezüglich lassen die meisten ­Testmodelle keine Wünsche offen. Die ­üblichen vier Schnallen pro Schuh sind so konstruiert, dass jede von ihnen fein abgestuft eingestellt werden kann (mehrere Einrastpositionen für jede Schnalle, Schraubgewinde zur Feinabstimmung, zum Teil auch seitliche Versetzbarkeit der Schnallenposition, weitenverstellbare Manschette). Gut gefallen hat uns die Lösung von Head mit einem ausklappbaren Hebel zum leichteren Schließen der Schnallen. Weniger gelungen sind die scharfkantigen Schnallen von Tecnica.

Thermoverformbare Innenschuhe

Ganz wichtig ist natürlich die Passform des Innenschuhs: Alle Modelle sind thermoverformbar, d.h. der Innenschuh wird durch Erwärmen weich gemacht und passt sich im Fersenbereich der Fußform an. Diese Prozedur sollte vom Fachhändler durchgeführt werden und kann bei Bedarf zwei bis drei Mal wiederholt werden. In Einzelfällen ist die Ferse des Innenschuhs anhebbar, um den Fersenhalt zu verbessern. Salomon bietet beim Idol 9 CS bzw. beim Impact 9 CS zusätzlich eine thermoverformbare Schale (was den Halt im Schuh beim Damen­modell trotzdem nicht optimiert).

Beheizbare Innensohlen 

Das Stichwort „Thermo“ führt uns zu einem anderen Thema, nämlich den beheizbaren Innensohlen. Diese sind zwar nicht Standard, aber einige Modelle sind für die zukaufbare Sohlenheizung (ein Set aus Sohle und ca. zündholzschachtelgroßem Akku zum Preis von 70 bis 170 Euro) vorbereitet. Das bedeutet, dass sie über eine Akkuhalterung verfügen und dass der Innenschuh an der Ferse eine kleine Öffnung hat, durch die man das Elektrokabel nach außen verlegen kann. Beim Atomic HAWX 90 Woman wird die beheizbare Sohle sogar mitgeliefert, Sie benötigen nur noch den Akku (Kostenpunkt 40 bis 50 Euro).

"Kanting"

Trocknen lassen

Wobei die Wärmeisolation der meisten Testmodelle zumindest gut ist. Für das subjektive Wohlbefinden ist es jedenfalls wichtig, warme Füße zu haben. Das ist auch ­einer der Gründe, weshalb Sie die Schuhe über Nacht bei Zimmertemperatur auf­bewahren sollten. Ein anderer Grund ist, dass das Ein- und Aussteigen bei warmen Schuhen einfacher ist. Ein dritter Grund, dass der Innenschuh gut trocknen sollte (Kondenswasser, Schnee) – nicht zuletzt, um Geruchsbildung zu vermeiden; aber auch, weil es unangenehm ist, in einen ­nassen Schuh zu steigen.

Am besten nehmen Sie am Abend den ­Innenschuh heraus, was bei den aktuellen Modellen meist nicht mehr so schwierig ist wie bei früheren. Als Kompromiss ist es schon hilfreich, die Innensohle zu entfernen, um die Trocknung zu beschleunigen, und den Innenschuh erst nach dem letzten Pistentag herauszunehmen. Als Alternative bieten sich auch die Schuhtrockenräume vieler Hotels an bzw. sind im Fachhandel spezielle elektrische Schuhtrockner erhältlich. Lagern Sie die Skischuhe in jedem Fall mit geschlossenen Schnallen, damit sie ­ihre Form behalten.

Verstellmöglichkeit "Kanting"

Aber kehren wir zu den Verstellmöglichkeiten zurück. Kanting zählt in dieser Klasse zum Standard. Der Begriff ist abgeleitet von englisch „canting“ = neigbar und bezeichnet die Möglichkeit, den Schuhschaft seitlich nach innen oder außen zu kippen. So wird eine durch X- oder O-Beine hervorgerufene falsche Fußstellung ausgeglichen.

Insbesondere Damenmodelle haben oft ­eine weitenverstellbare Manschette, d.h. der obere Schaftumfang kann vergrößert werden. Dadurch wird auf den tieferen ­Wadenansatz bei Frauen Rücksicht ge­nommen. Aus demselben Grund ist der Schaft bei den Damenmodellen hinten nach unten abgerundet.

Mehr Sicherheit

Mehr Sicherheit

Die geschilderten Funktionen machen die getesteten Modelle auch für weniger geübte Skifahrer interessant, denn gut sitzende Schuhe verbessern die Steuerbarkeit der Ski und geben so mehr Sicherheit. Sehr wichtig ist, dass Sie sich alle individuellen Einstellmöglichkeiten beim Händler erklären lassen. Das Schließen der Schnallen müssen Sie ja selber auf der Piste vornehmen und je nach Tageszeit und Temperatur diverse Justierungen vornehmen.

Damit der Skischuh passt, müssen Sie nicht nur auf die Länge Ihrer Füße Rücksicht nehmen, sondern auch auf die Breite. Die Leisten- oder Vorfußbreite der meisten Modelle liegt im Bereich von 98 bis 105 Millimeter. Haben Sie z.B. einen eher schlanken Fuß, sollten Sie den Händler darauf hinweisen.

Sohlenlänge und Flex-Index

Die auf der Sohle bzw. der Außenschale der Skischuhe angeführten Zahlen beziehen sich auf etwas anderes. Zum einen ist die Sohlenlänge in Millimetern angegeben. Dabei handelt es sich um das Außenmaß zwischen Schuhspitze und Ferse. Dieses ist für das Einstellen der Bindung wichtig, aber kein Anhaltspunkt für die Länge des Innenschuhs.

Die andere Angabe ist der Flex-Index, der sich zum Teil in der Schuhbezeichnung wiederfindet und oft auf dem Schaft auf­gedruckt ist. 90, 100, 110 oder 120 ist dort beispielsweise zu lesen. Diese Zahl gibt die Steifheit des Schuhschaftes an, also den Widerstand, den er entgegensetzt, wenn Sie in Fahrhaltung leicht in die Knie gehen. Je höher die Zahl, desto direkter ist die Kraftübertragung auf den Ski. Aber Vorsicht! Der Flex-Index ist nicht genormt und deshalb nur zwischen Modellen derselben Marke vergleichbar.

Tipps für den Kauf

Tipps für den Kauf

Ein paar Auswahltipps vom Orthopäden:

  • Nehmen Sie die Fahrhaltung auch beim Anprobieren der Skischuhe ein, denn für den richtigen Sitz muss die Ferse anstehen und die Zehen brauchen etwa eine Fingerbreite Bewegungsfreiheit.  
  • Gehen Sie grundsätzlich von Ihrer normalen Schuhgröße aus und probieren Sie Modelle verschiedener Hersteller. Der Griff zur nächs­ten Größe ist die falsche Lösung.  
  • Die Innensohle sollte ein geformtes Fersenbett haben, d.h. eine Schale bilden und herausnehmbar sein. Letzteres ist natürlich auch dann besonders wichtig, wenn Sie orthopä­dische Einlagen tragen müssen. Der Skischuhhandel bietet zwar das Anpassen von Einlagen an, bei Fußfehlstellungen ist es allerdings sinnvoller, wenn Sie sich direkt an den ­Orthopädiebedarf wenden.  
  • Sollten Sie an den Füßen sehr druckempfindlich sein, dann achten Sie darauf, dass der Innenschuh keine spürbaren Nähte und Kanten hat und dass auch der Zungenansatz im ­Innenschuh ohne Naht oder Wulst aus­geführt ist. Diesbezüglich gut verarbeitet sind z.B. die Modelle von Atomic, Dalbello, Head, Rossignol und Nordica.

Austauschbare Sohlenteile wichtig

Ein nicht unwichtiges Detail ist die Austauschbarkeit der Fersen- und Spitzenteile der Sohle. Bei den meisten Modellen ist das zumindest bei den Fersenplatten der Fall, weil dieser aus griffigem Kunststoff bestehende Teil beim Gehen am stärksten abgenutzt wird.

Die Sohle sorgt aber nicht nur für Grip beim Gehen, sondern – solange sie nicht zu stark beschädigt ist – auch für das zuverlässige Auslösen der Bindung. Der einzige Schuh, der diese Möglichkeit überhaupt nicht bietet, ist das Damenmodell Super exclusive von Lange. Atomic wiederum ist der einzige Anbieter, der seine Skischuhe mit integriertem „Recco“-Verschüttetensuchsystem ausliefert.

Tabelle: Skischuhe Damen

Tabelle: Skischuhe Herren

Zusammenfassung

Skischuhe: Kompetent mit "Konsument"

 

  • Hohe Qualität. Die Modelle der gehobenen Preisklasse bieten hohe Verarbeitungsqualität und sinnvolle Einstellmöglichkeiten (Kanting, Feinabstimmung der Schnallen).
  • Gute Anpassbarkeit. Thermoverformbare Innenschuhe sind in dieser Klasse Standard. ­Wichtig ist auch die Vorfußbreite. Beim Anprobieren die richtige Fahrhaltung einnehmen (Vorlage, Knie leicht gebeugt, die Fersen stehen an)!
  • Richtige Pflege. Skischuhe gut trocknen lassen und im Warmen aufbewahren (Innenschuh oder zumindest Innensohle herausnehmen). Abgenutzte Sohlenplatten ersetzen. Im Fachhandel ist ein spezieller Sohlenschutz für das Gehen erhältlich.
  • Kauf vor Ort. Im Optimalfall kaufen Sie die Schuhe in Ihrem Wintersportort. So kann der Händler noch nachjustieren, denn manche Prob­leme treten erst nach längerem Tragen auf.

Testkriterien

Skischuhe: Testkriterien

Im Test: 10 Damen- und 9 Herren­modelle der Preisklasse zwischen rund 300 und 400 Euro.

Funktionsprüfung. Die Ge­brauchsanleitung wurde auf Verständlichkeit und Informa­tionsgehalt überprüft.

Kraft- und Bewegungsübertragung beim Skilauf: Die Schuhe wurden auf präparierten Pisten gefahren. Bewertet wurden Fahren, Schwingen und Steuern.

Halt im Schuh: Es wurden der Fersenhalt und der Schafthalt beurteilt.

Komfort: Das Ein- und Aussteigen wurde im Stehen und im Sitzen mehrmals durchprobiert. Die Schuhe wurden sowohl in warmem Zustand (Lagerung bei 20 °C +/–5 °C) als auch in kaltem Zustand (Lagerung bei –5 °C +/–1 °C) probiert.

Schnallen: Handhabung der Schließeinrichtungen und Kraftaufwand wurden wie oben in kaltem und warmem Zustand überprüft und beurteilt.

Zusatzeinrichtungen wie Gehfunktion, Verstellmöglichkeiten (Tuningelemente) etc. wurden auf ihre Funktion überprüft. Das Herausnehmen und Einsetzen des Innenschuhs wurde beurteilt. Gehen und Stehen, inkl. Hinauf- und Hinuntersteigen auf Stiegen, wurden unter Berücksichtigung der Zusatzeinrichtungen (Entriegelungen), aber mit geschlossenen Schnallen beurteilt.

 

Wärmeisolation. Die (gefüllten) Schuhe wurden auf 20 °C erwärmt und dann in ein Kühlgerät (–20 °C) gestellt. Nach 30 Mi­nuten wurde der Temperatur­verlust gemessen.

Orthopädische Prüfung. Die Beurteilung der Schuhe erfolgte durch einen Orthopäden: Fußbett, Zehenraum, Gewölbe­unterstützung, Innenschuh­gestaltung, Druckstellen, funktionelle Passform. Bei keinem der geprüften Modelle wurden Mängel festgestellt, daher erfolgte keine Bewertung.

Anbieter

Atomic Austria GmbH, 06452 39 00-7572, www.atomicsnow.com

Dalbello Sportschuh GesmbH, 06412 53 60-0, www.dalbello.it

Fischer Sports GmbH, 07752 909-621, www.fischersports.com

Head Austria GmbH, 01 701 79-303, www.head.com

Lange Verkaufsbüro Österreich, +49 8974 808 69-66, www.langeskiboots.com

Lowa Sportschuhe GmbH, 07751 89 17-0, www.lowa.at

Nordica Tecnica Group Austria GmbH, 06452 203 57-0, www.nordica.com

Rossignol Österreich GmbH, 0512 36 45 85, www.rossignol.com

Salomon Österreich GmbH, 0662 45 55 47-100, www.salomonsports.com

Tecnica Group Austria GmbH, 06452 203 57-0, www.t-groupaustria.at

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