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Geldanlage: prämiengeförderte Zukunftsvorsorge - Minus vorprogrammiert

Mehrere Fonds der prämiengeförderten Zukunftsvorsorge wurden „ausgestoppt“. Wie es dazu kam und wie Betroffene reagieren sollten.

Eine Kapitalgarantie ist gut. Aktien, die hohe Erträge möglich machen, sind ebenfalls gut. Eine Geldanlage, die beides verbindet, müsste demnach ganz ausgezeichnet sein. So dachte wohl der Gesetzgeber, als er die prämiengeförderte Zukunftsvorsorge (PZV) schuf. Dabei wird ein bestimmter Teil des investierten Kapitals (früher 40, seit Beginn dieses Jahres 30 Prozent) in hauptsächlich österreichische Aktien investiert. Aktien können bekanntlich bei günstiger Börsensituation tatsächlich mehr Ertrag abwerfen als Omas Sparbuch.

Belebung der Börse

Der Rest wandert in Anlagen mit fester Verzinsung (Anleihen, Deckungsstock einer klassischen Lebensversicherung). Diese Konstruktion sollte auch den Aktienmarkt an der Wiener Börse beleben. Und eine Zeit lang schien das Wachstumspotenzial heimischer Aktien tatsächlich grenzenlos zu sein.

Höheres Verlustrisiko

Dieser Traum ist ausgeträumt. Jetzt zeigen sich auch die Nachteile dieses Produkts. Eine Kapitalgarantie bei gleichzeitig hohem Ertrag, noch dazu mit gesetzlich vorgeschriebener Mindestaktienquote, ist nämlich ein Widerspruch in sich. Denn je höher die Chance auf Gewinne, desto größer ist auch das Verlustrisiko. Wer also hohe Gewinne lukrieren will, muss auch Verluste einkalkulieren – und wegstecken können. Außerdem ist eine Kapitalgarantie immer mit Kosten verbunden, schmälert also den Ertrag.

Absicherung „frisst“ Aktienanteil

Absicherung „frisst“ Aktienanteil

Die Garantieleistung erfolgt nämlich durch spezielle Finanzprodukte. Je größer die Verluste an der Aktienbörse wurden, umso mehr solche Absicherungsinstrumente (meist sogenannte Futures) mussten gekauft werden. Hier gibt es unterschiedliche Methoden. Beim „dynamischen“ oder CPPI- Modell (Constant Proportion Portfolio Insurance) erfolgt die Absicherung für jeden Fonds tagesaktuell. Bei mehreren PZV-Fonds, die nach dem CPPI-Modell arbeiten, haben im letzten Jahr die Kosten für die Absicherung so überhandgenommen, dass Kapital, das eigentlich in Aktien fließen sollte, jetzt nur noch in den Absicherungsinstrumenten investiert ist. Der Aktienanteil beträgt also de facto weder 40 noch 30, sondern null Prozent. Der Fachausdruck dafür: Der Fonds wird ausgestoppt.

Unbeständige Börsenkurse

Das bedeutet zwar nicht, dass das einbezahlte Geld jetzt verloren ist – immerhin gibt es ja noch den Anteil, der in sicherere Anlagen gesteckt wurde, und natürlich auch die Kapitalgarantie. Der Nutzen eines Aktieninvestments liegt jedoch in den hohen Ertragschancen. Über einen langen Zeitraum sollten die Gewinne die Verluste wettmachen. Mangels Aktien können betroffene Anleger aber nicht mehr von einem späteren Aufschwung an den Börsen profitieren. Zwar werden die meisten dieser Fonds noch längere Zeit laufen. In vielen Fällen können die bisher angefallenen Verluste aber nicht mehr wettgemacht werden. Wenn sich die Lage an der Börse bessert, könnte bei manchen Fonds auch wieder ein – wenn auch bescheidener – Aktienanteil vorhanden sein.

Hohe Renditen ausgeschlossen

Renditen von sechs Prozent netto (mit denen viele Anbieter geworben haben) werden sich die PZVKäufer jedoch abschminken müssen. Das Produkt wird vom Staat gefördert. Und diese 9-prozentige staatliche Prämie hatten viele Verkäufer sogar – ob nun unbedarft oder unverfroren – mit der zu erwartenden Rendite gleichgesetzt. Aber: Neun Prozent staatliche Förderung ergeben nach zwanzig Jahren eine nicht gerade berauschende Nettorendite von 0,8 Prozent!

Mangelhaft informiert

Zu diesem Debakel haben die PZV-Anbieter bisher kaum Stellung bezogen. Niemand hat öffentlich zugegeben, dass einer seiner Fonds betroffen ist. Auf unsere Nachfrage haben einige Banken und Versicherer aber eingeräumt, dass bei ihren Produkten der Aktienanteil gegen null geht, sie also von der Ausstoppung betroffen sind. Weil jedoch immer mehrere Jahrgänge und Varianten aufgelegt worden sind, können wir nicht sagen, welche Fonds im Einzelnen zu den ausgestoppten zählen. Besitzer von PZV-Garantiefonds sollten unverzüglich nachfragen, ob auch ihr Fonds zu den ausgestoppten gehört.

Wenn alle Anlagedetails bekannt sind, ist danach die weitere Vorgangsweise zu überlegen. Die Möglichkeiten lauten: drinbleiben, stilllegen (soll heißen: investiert bleiben, aber nichts mehr einzahlen), Prämienfreistellung (um später vielleicht wieder einzuzahlen) oder aus- bzw. zu einem anderen Produkt umsteigen. Eine Kündigung ist laut einem rechtskräftigen Gerichtsurteil nur bei PZV-Versicherungsprodukten zulässig.

Hohe Kosten bei Ausstieg

Hohe Kosten bei Ausstieg

Aber ein Ausstieg ist wie bei allen langfristigen Anlageformen unter Umständen mit hohen Kosten verbunden. Wir können keine allgemein gültigen Empfehlungen geben, es kommt immer auf die spezifische Situation an. Auf jeden Fall sollte man hier fachkundige Hilfe in Anspruch nehmen und am besten zwei Meinungen einholen: die des Anbieters oder Beraters sowie die einer unabhängigen Stelle, etwa unserer VKI-Beratung oder der Arbeiterkammer.

Alle PZV-Produkte derzeit im Minus

Neben den Fonds nach dem „dynamischen“ oder CPPI-Modell gibt es auch welche nach dem „statischen“ Absicherungsmodell. Hier muss zwar nicht jede Investmentposition einzeln abgesichert werden, dadurch kann eine bestimmte Aktienquote gehalten werden. Das bedeutet aber nicht, dass es hier keine Verluste gegeben hat. Auch hier liegt der Wert der Aktienquote teilweise im Keller. Auch die Möglichkeit einer Ausstoppung ist noch nicht vom Tisch. Gefährdet sind diese Fonds speziell dann, wenn das Kurstief lang andauert. Auch kann es passieren, dass man am Ende nur das garantierte Kapital bekommt, also die eingezahlten Beträge plus staatliche Förderung.

Rendite-Erwartungen nach unten korrigiert

Die schlechte Performance führt drastisch vor Augen, dass auch bei der Geldanlage die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Anbieter haben daher ihre Rendite-Erwartungen nach unten korrigiert und rechnen mit 2 bis 3 Prozent Nettoertrag jährlich, was einer Performance von 4 bis 5 Prozent entspricht. Aber allein um die Kosten der PZV zu kompensieren, muss die Performance 2 Prozent p.a. betragen. Echte Gewinn winken erst bei einer höheren Performance. Ob die auch erreicht werden wird, steht derzeit in den Sternen.

Vorsicht mit Performanceangaben

Die aktuellen Performanceangaben der Anbieter sind übrigens mit Vorsicht zu genießen. Die Unterschiede sind beträchtlich. Was uns sehr wundert: Nach den gesetzlichen Vorgaben muss hauptsächlich in österreichische Aktien investiert werden. Dieser Markt ist aber überschaubar. So hat jeder Anbieter die gleiche Handvoll Papiere in unterschiedlicher Zusammensetzung in seinem Portefeuille. Wer da an große Renditeunterschiede glaubt, glaubt wohl auch daran, dass Aktienkurse immer steigen müssen.

Diese Anbieter sind betroffen

Jeder Anbieter von Produkten der prämiengeförderten Zukunftsvorsorge hat jährlich mehrere Varianten mit unterschiedlichen Laufzeiten aufgelegt. Daher finden sich unzählige unterschiedliche Fonds auf dem Markt. Aber nicht alle sind von der Ausstoppung betroffen. Folgende Anbieter haben uns gegenüber zugegeben, dass bei ihren Garantiefonds die Aktienquote bei null oder nur wenig darüber liegt:

  • Allianz Versicherung
  • Bank Austria
  • BAWAG PSK Versicherung
  • Erste Bank
  • Generali Versicherung
  • Raiffeisen Capital Management
  • s-Versicherung

Falls es sich bei Ihrer prämiengeförderten Zukunftsvorsorge um einen Garantiefonds von einem dieser Anbieter handelt, sollten Sie sich beim Anbieter oder beim Berater, der Ihnen dieses Produkt verkauft hat, schriftlich erkundigen, ob Ihr Fonds von der Ausstoppung betroffen ist. Im Detail sollten Sie folgende Fragen stellen:

  • Wie und in welchen Finanzprodukten (Absicherungsinstrumenten) wurden die eingezahlten Beiträge veranlagt?
  • Wie, wann, aus welchem Grund und mit welchen Auswirkungen wurden diese Instrumente verändert?
  • Wie hoch liegt die aktuell wirksame Aktienquote des veranlagten Kapitals?
  • Mit wie viel Prozent Wertzuwachs partizipiert ein Kunde (abgesehen von der staatlichen Prämie) an je einem Prozent Wertzuwachs des Aktienmarktes?
  • Wie hoch sind, gemessen an der Sparleistung, die Kosten für die Kapitalgarantie?
  • In welche Anlageformen werden die weiteren Sparleistungen investiert?
  • Welche Alternative zum Aktieninvestment steht zur Verfügung, wenn sich herausstellt, dass die wirksame Aktienquote weiterhin bei null liegt und es am Ende der Laufzeit nur den garantierten Betrag gibt?

Fragen Sie ruhig nach, falls Ihnen bei der Antwort noch etwas unklar ist, und lassen Sie sich nicht mit Floskeln wie „Je nach Laufzeit betrug die Performance zwischen 7 und 25 Prozent“ abspeisen!

Wir freuen uns, wenn Sie uns die Antwort Ihres PZV-Anbieters zukommen lassen:
Redaktion Konsument,
Kennwort „Zukunftsvorsorge“
Fax (01) 588 77-74
Postadresse: Linke Wienzeile 18,
1060 Wien
E-Mail: leserbriefe@konsument.at

Zusammenfassung

  • Problematisches Produkt: Die prämiengeförderte Zukunftsvorsorge soll Risiko mit hoher Ertragschance (Aktien) und Sicherheit (Kapitalgarantie) vereinen. Bei negativer Aktienentwicklung vernichten jedoch die Kosten der Kapitalgarantie die Erträge.
  • Den Anbieter fragen: Ist mein Fonds von der Ausstoppung betroffen? Wie wird veranlagt und abgesichert? Wie viel kostet die Kapitalgarantie, was sind mögliche Alternativen?
  • Realistische Zahlen: Prognose zu Auszahlungsbetrag oder Rente mit realistischer Rendite (2 bis 3 % netto) durchrechnen lassen. Nur so können Sie die richtige Entscheidung treffen.
  • Bei schlechten Ertragaussichten: Ausstieg, Stilllegung oder Prämienfreistellung überlegen. Dazu mehrere Meinungen einholen. Keine Schnellschüsse – manche Berater drängen zum Abschluss von vermeintlich besseren Anlagen.

Leserreaktionen

Nicht ausgestoppt

Sie haben unter den von Ausstoppung betroffenen Zukunftsvorsorgefonds auch irrtümlich jenen unseres Hauses aufgelistet. Offenbar wurde aus der Ende Jänner 2009 bei null liegenden Aktienquote abgeleitet, dass unser Zukunftsvorsorgefonds ausgestoppt sei.

Tatsächlich hatten wir die Aktienposition aufgrund der kritischen Situation an den Märkten gezielt und kurzfristig abgesichert. Bis Ende 2009 wurde die ertragswirksame Aktienquote wieder auf 22 Prozent hochgefahren, lag Ende Mai 2010 knapp über 25 Prozent und beträgt im Durchschnitt seit Jahresbeginn brutto 32 Prozent.

Allianz Elementar Versicherungs-AG
Wien
(aus Konsument 8/2010)

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