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Genossenschaftswohnungen - Kaufen wird teuer

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Die jüngste Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes bringt Verschlechterungen für Mieter oder Nutzungsberechtigte, die ihre Wohnung erwerben wollten.

Seit 1994 können Mieter einer Genossenschaftswohnung unter bestimmten Voraussetzungen ihre Mietwohnung ins Eigentum übertragen bekommen. Viele Mieter bekundeten auch ihr Interesse und schlossen Verträge ab. Im Gesetz war geregelt, dass es im Fall der Wohnungseigentumsübertragung eine gerichtliche Preisfestsetzung geben soll. Ein Mieter konnte sich daher darauf verlassen, dass der Preis nicht willkürlich festgelegt wird.

Vermietungsabschlag

Das „Zuckerl“ bei dieser Art des Erwerbs von Wohnungseigentum war der so genannte Vermietungsabschlag: Am freien Markt kann man zwar eine Wohnung sozusagen mitsamt dem Mieter verkaufen, aber dies führt zu empfindlichen Preisabschlägen. Diesen Abschlag hätten die Genossenschaften den Mietern weitergeben müssen (außer, der Mieter hätte darauf verzichtet). Solche Preisnachlässe können sich in einer Bandbreite von 30 bis 60 Prozent des Kaufpreises bewegen. Genossenschaftsmieter hätten ihre Wohnung also weit unter dem Wert auf dem freien Wohnungsmarkt erwerben können.
Im Jahre 1999 räumte der Gesetzgeber den Genossenschaften die Möglichkeit ein, statt der gerichtlichen Preisfestsetzung den Kaufpreis fix zu vereinbaren. Die gerichtliche Preisfestsetzung war allerdings noch nicht abgeschafft, so dass es beide Varianten gab.

Eingriff in bestehende Verträge

„Hätte“ und „würde“. Was 1994 mit der gesetzlichen Möglichkeit der Eigentumsübertragung so hoffnungsvoll begann, ist nun völlig anders. Die gerichtliche Preisfestsetzung wurde mit Jahresbeginn 2002 so gut wie abgeschafft. Es gibt praktisch nur noch Fixpreisvereinbarungen, der Vermietungsabschlag entfällt ganz. Die Änderung gilt für alle Eigentumsübertragungen nach dem 31.12.2001. Da die Möglichkeit zur Eigentumsübertragung erst seit 1994 existiert und eine Übertragung erst nach zehnjähriger Nutzungsdauer (also frühestens im Jahre 2004 möglich ist), betrifft diese Verschlechterung alle Genossenschaftsmieter, die seither den späteren Kauf ihrer Wohnung beabsichtigt haben und die im Vertrauen auf einen bestimmten Preis (mit günstigem Vermietungsabschlag) bereits Verträge abschlossen haben. Mit einem Federstrich hat der Gesetzgeber diese Altverträge zunichte gemacht, von Rechtssicherheit also keine Spur.

Preise wie auf dem freien Markt

Bevor die gerichtliche Preisfestsetzung überhaupt Praxis wurde, ist sie auch schon wieder abgeschafft. Die betroffenen Mieter wurden daher vor eine völlig neue Situation gestellt: Sie haben so gut wie keine Kontrolle darüber, wie viel sie für ihre Wohnung werden bezahlen müssen. Der Preis muss nämlich erst bei Antrag auf Übertragung ins Eigentum bekannt gegeben werden.

Höhe des Kaufpreises

Als Makulatur darf man die begleitenden Bestimmungen betrachten. Es ist zwar geregelt, dass die anteilige Übernahme der Verpflichtungen der Bauvereinigungen (also die Übernahme noch laufender Kredite) und der geleistete Grund- und Baukostenbeitrag berücksichtigt werden müssen. Nur steht an anderer Stelle, dass man Einwendungen gegen den Fixpreis nur wegen offenkundiger Unangemessenheit machen kann. Was aber ist „offenkundige Unangemessenheit“? Dies ist nur dann der Fall, wenn der Fixpreis den Preis für frei finanzierte gleichartige Objekte übersteigt. Zwar sind Kredite, die die Genossenschaft für die Errichtung einst aufgenommen hatte, beim Kaufpreis zu berücksichtigen. Was aber natürlich keine Verbilligung bedeutet, denn der Käufer muss dann ja einen Kredit anteilig zurückzahlen.
Bisher galt bei gemeinnützigen Wohnungen das Kostendeckungsprinzip. Aber nun dürfen die Genossenschaften genau so viel kassieren wie jemand, der frei finanzierte Wohnungen errichtet und aus eigener Tasche zahlt. Dennoch gibt es für Genossenschaften auch noch die Wohnbauförderung.

Kein Anreiz zum Kauf

Fazit: Nun gibt es keinerlei Grund mehr für einen Mieter, eine Mietkaufwohnung bei Genossenschaften anzustreben. Man kann sich auch gleich am freien Markt eine Wohnung kaufen. Damit könnte man unter Umständen sogar besser fahren. Denn auf dem freien Markt kann man zumindest über die Preise verhandeln…
Abschließender Tipp: Es ist denkbar, dass ein Miet- oder Nutzungsvertrag bessere Vertragsbestimmungen enthält (etwa die gerichtliche Preisfestsetzung). Dann hat ein Kaufwilliger natürlich das Recht, darauf zu bestehen!

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