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Ratenkauf - Der Null-Prozent-Schmäh

  • Teilzahlungen sind immer teurer als Barzahlung
  • Fast 22 Prozent Zinsen im Versandhandel
  • Informationen mangelhaft und verwirrend

Ob Jugendliche oder Erwachsene: "Will ­haben", lautet heute über alle Altersgrenzen hinweg das konsumfreudige Credo, "und zwar sofort." Ratengeschäfte in ­allen Bereichen des Lebens kommen dem ent­gegen. "Besonders günstige Konditionen", wenn nicht sogar Finanzierungen zum Nulltarif fördern die Kauflust – und führen immer wieder zu finanziellen Bruchlandungen, weil die Zahlungen nicht nur trotzdem irgendwann anstehen, sondern oft auch viel deftiger ausfallen als es auf den ersten Blick den Anschein hatte.

Bankzinsen billiger, Ratenzahlung teurer

Neben Baumärkten, Möbel- und Elektrohändlern setzt vor allem der Versand­handel stark auf die Devise "Greif zu – zahl später“. Wie schon vor zwei Jahren, haben wir uns im Auftrag der Arbeiterkammer ­Wien angesehen, wie viel im Endeffekt bei Ratenkäufen zu zahlen ist. Seither sind die Zinsen auf dem Kapitalmarkt kräftig hinuntergerauscht, was auch bei Teilzahlungsgeschäften deutlich günstigere Raten erwarten ließ.

IKEA hat 13,3, Versandhandel fast 22 Prozent

Doch das Gegenteil ist der Fall: Bei den Möbelhäusern legt Ikea (nach 12,91 Prozent im Jahr 2008) mit 13,30 Prozent einen neuen Spitzensatz vor; und im Versandhandel, der mit Abstand die höchsten Raten ansetzt, sind die Zinsen mit beinahe schon furchterregender Einheitlichkeit von rund 20 auf fast 22 Prozent ­gestiegen. Lediglich die Elektronikfachmärkte haben sich zinsenmäßig ein wenig eingebremst und liegen nur noch leicht über den Möbelketten.

Geizig bei Informationen

Geizig bei Informationen

Doch wie kommt es, dass aus Null-Prozent-Zinssätzen oder Nominalzinsen von rund ­ 5 Prozent zum Beispiel Effektivzinssätze von bis zu 21,70 Prozent werden? Rechts­geschäfts-, Bearbeitungs- und Kontoführungsgebühren machen es möglich, denn der Zinssatz wird oft ohne die dabei an­fallenden Nebenkosten angegeben (siehe ­"Darauf ist zu achten“).

Berechnungen meist schleierhaft

Für die ­Kunden bleiben die Berechnungen meist schleierhaft; die Informationen auf den Homepages der Anbieter tragen wenig zur Klärung bei. Gebühren sind kaum ein Thema, von sechzehn Anbietern weisen ­lediglich sechs den wirklich aussage­kräftigen effektiven Jahreszinssatz aus. Nur drei Handelsketten bieten einen Finan­zierungsrechner an: Damit lässt sich wenigstens auf einen Blick und sehr einfach feststellen, wie viel man in der Folge ­monatlich zu zahlen hat, ob man sich diese Raten überhaupt leisten kann und wie hoch die Gesamt­belastung ist.

Information hat sich verschlechtert

Die Geschäfts­bedingungen schenken sich die meisten Anbieter. Ins­gesamt hat sich die Informa­tionsdichte ­gegenüber 2008 deutlich verschlechtert.

Gierig bei Verzugszinsen

Gierig bei Verzugszinsen

Richtig teuer wird es, wenn Zahlungs­termine nicht eingehalten werden: Dann kommen zu den ohnehin schon happigen Teilzahlungszinsen noch Verzugszinsen, etwa bei Otto Versand in Höhe von 5 Prozent, und bis zu 15 Euro Mahnspesen. Geht dann immer noch nichts weiter, wird ein Inkassoinstitut mit der Forderungseintreibung beauftragt, was noch einmal bis zu 60 Euro extra kostet. Was relativ harmlos mit 40, 50 Euro Rate pro Monat begann, kann sich bei einem Zahlungsausfall über die Jahre zu Tausenden Euro Schulden summieren. So nimmt es denn auch nicht wunder, dass Schuldnerberater sich bei ­ihren Klienten meist durch einen Berg an Versandhandelsschulden kämpfen müssen.

Konsumkredit ist billiger

Daher gilt bei Ratenkäufen die eiserne Formel: Was nicht über einen normalen Konsumkredit finanziert werden kann, sollte schon gar nicht über die noch teureren Teilzahlungsvarianten erworben werden. Wenn die Bankberater kein Geld mehr ­herausrücken wollen, ist ziemlich sicher auch für ein Ratengeschäft nicht mehr ­genug vorhanden. Das Verlockende an den Teilzahlungsgeschäften ist aber eben, dass sie sich meist relativ unbürokratisch und schnell abschließen lassen. Finanzierungen bis zu 5.000 Euro sind oft allein gegen Vorlage von Bankomat- oder Kreditkarte und Führerschein möglich; erst darüber hinaus wird ein Verdienstnachweis eingefordert.

Kontoüberziehung oder Privatkredit

Was sind die Alternativen?

Eine beliebte Variante, sich kurzfristig Geld "fremdzubeschaffen", ist die Kontoüberziehung. Auch das funktioniert einfach und formlos, sofern bereits ein Konto vorhanden ist. In ganz wenigen Fällen (bei unserer Erhebung bei der Hypo Alpe-Adria AG und der Volksbank Ried) war das in unserer Erhebung lohnender, als sich um einen Privatkredit zu bemühen. Mit 3,7 und 4,75 Prozent ­lagen die beiden Institute bei einer angenommenen Kreditdauer von zwölf Monaten sogar unter dem Effektivzinssatz von Privatkrediten (5,3 bis 8,4 Prozent).

Kontoüberziehung kostet bis zu 13,25 Prozent

Ansonsten zahlen Sie aber auch bei dieser Variante ordentlich drauf: Der überwiegende Teil der Banken verlangte für die Kontoüberziehung um die 9 Prozent; Spitzenreiter Bank Austria sogar bis zu 13,25 Prozent! Und das sind nur die Prozentsätze, wenn Sie ­innerhalb des vereinbarten Überziehungsrahmens bleiben. Überschreiten Sie auch diesen, kommen noch 5 Prozent Verzugszinsen hinzu; das wäre also im Extremfall ein Zinssatz von 18,25 Prozent.

Wenn es bereits hinten und vorn eng ist und trotzdem unerwartet eine höhere Ausgabe ins Haus steht, ist es allemal vernünftiger, das Gespräch mit den Banken zu ­suchen als einfach das Konto über die ­Maßen zu plündern oder auf die Schnelle ein scheinbar günstiges Teilzahlungsgeschäft abzuschließen.

AK-Bankenrechner

Über den AK-Bankenrechner auf www.bankenrechner.at lassen sich zudem die aktuell günstigsten Kreditkonditionen eruieren. Vorher informieren lohnt sich. Denn bevor Sie sich Hals über Kopf in – wenn auch noch so harmlos wirkende – Ratengeschäfte stürzen, sollten Sie immer bedenken, dass Sie dabei mit ­Ihrem gesamten gegenwärtigen und auch zukünftigen Arbeitseinkommen haften.

Testtabelle: So teuer ist der Ratenkauf

Darauf ist zu achten

Bei einigen wenigen Anbietern (z.B. Neckermann, Universal Versand und Ikea) gibt es auf den Homepages Ratenrechner, anhand derer Sie einfach feststellen können, wie viel Sie monatlich und insgesamt zahlen ­müssen. Aber auch in diesen Fällen gilt es, folgende Begriffe zu unterscheiden:

Nominal- oder Sollzinssatz: Gibt nur die Zinsen für den Kreditbetrag ohne irgendwelche Gebühren an.

Effektivzinssatz: Verdeutlicht, wie viel Sie als Kunde wirklich an Zinsen zahlen müssen, weil er alle Unkosten (wie Bearbeitungs- oder Kontoführungsgebühr) beinhalten muss.

Zusammenfassung

  • Teures Vergnügen: Ein Kauf auf Raten ist durchgehend die kostspieligste Variante.
  • Versteckte Kosten: Eine Null-Prozent-Finanzierung gibt es nicht. Mit Bearbeitungs-, Kontoführungs-, Rechtsgebühren usw. kommt immer eine saftige Gesamtbelastung zusammen.
  • Echte Aussagekraft: Nur der effektive Zinssatz zählt, und der liegt bei Teilzahlungsgeschäften vor allem im Versandhandel weit über Kontoüberziehung und Privatkredit.

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