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Schwitzen - Wenn es peinlich wird

Je heißer der Sommer, desto mehr schwitzen wir. Doch bei zu viel Schweiß ist ärztliche Hilfe erforderlich.

Schwitzen ist ein lebenswichtiger Vorgang. Der Organismus scheidet damit nicht nur Wasser, sondern auch Giftstoffe aus. Und bei starker Hitze bringt es die nötige Kühlung. Unangenehm wird’s im überfüllten Bus, wenn der Nachbar definitiv noch nichts von Deos gehört hat. Dabei ist Schweiß eigentlich geruchlos.

Wasser hilft, Deos auch 

Das Problem gibt es nur beim Schweiß aus den so genannten apokrinen Schweißdrüsen. Sie liegen unter den Achseln und im Genitalbereich und beginnen erst in der Pubertät zu arbeiten. Wird dieser Schweiß von Bakterien zersetzt, ändert sich die chemische Zusammensetzung – der unangenehme Geruch entsteht. Der lässt sich zwar mit Wasser und Seife sofort unterbinden. Doch nicht immer ist Duschen möglich. Tagsüber kann ein Deodorant nicht nur den Körpermief verhindern, sondern auch übermäßige Schweißproduktion bremsen (siehe dazu: "Deo-Roll-ons und -Tücher im Test").

Viele Gründe

Wir schwitzen nicht nur bei Hitze, sondern auch bei körperlicher Anstrengung, starker emotionaler Anspannung oder fiebrigen Erkrankungen. Auch Hormonstörungen (wie in den Wechseljahren), Schilddrüsenüberfunktion und gewisse Medikamente (Cortison) können uns den Schweiß auf die Stirn treiben. Hand- und Fußschweiß sind ein Relikt aus den Zeiten, als der Mensch noch ein Fluchttier war. Unter Stress werden Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, feuchte Hände und Füße gaben bessere Bodenhaftung.

Bei manchen ist das Nervensystem gestört

Reguliert wird das Schwitzen durch das sympathische Nervensystem. Bei manchen Menschen ist diese Steuerung ohne erkennbaren Grund gestört. Das System arbeitet auf viel zu hohem Niveau. Übermäßiges Schwitzen, tropfende Hände, ständig Schweißperlen im Gesicht und nasse Achselflecken auf der Kleidung sind typische Merkmale der so genannten Hyperhidrose. Nicht selten genieren sich die Betroffenen und meiden andere Menschen aus Angst, ihnen die – nasse – Hand geben zu müssen.

Teufelskreis entsteht

Ein Teufelskreis von Schwitzen, Angst und vermehrtem Schwitzen bildet sich. Dabei kommt Hyperhidrose gar nicht so selten vor. Immerhin rund ein Prozent der Bevölkerung leidet darunter, das entspricht etwa der Zahl der Zuckerkranken!

Mittel helfen meist nur bei leichten Fällen

Sehr oft werden bei Hyperhidrose schweißhemmende Substanzen verschrieben, die auf die Haut aufgetragen werden, wie Gerbstoffe und Aluminiumchloridlösungen. Für einige Zeit werden dadurch die Schweißdrüsenausgänge verschlossen. Allerdings helfen diese Medikamente meist nur bei leichten Krankheitsbildern. Je stärker jedoch die Schweißbildung, desto schneller werden diese Substanzen wieder ,,ausgeschwitzt’’ und führen nur zu einer geringfügigen Linderung der Beschwerden.

Höhere Konzentration nötig

Damit Substanzen wie Aluminiumchlorid gut wirken können, müssen sie in mindestens 10- bis 30-prozentiger Konzentration vorliegen. Das ist nur bei vom Hautarzt verschriebenen und in der Apotheke gemischten Mitteln so, bei den üblichen Deos ist die Konzentration weitaus geringer.

Strom hilft

Helfen diese Mittel nicht, ist der Besuch eines darauf spezialisierten Dermatologen beziehungsweise einer Spitalsambulanz anzuraten. Meist wird als nächstes die so genannte Iontophorese verordnet. Dabei werden Hände oder Füße für etwa 20 bis 30 Minuten in ein Bad mit schwachen Gleichströmen getaucht. Bei den Achselhöhlen kann man sich mit einem feuchten Schwamm mit einer Elektrode behelfen. Bis eine Besserung eintritt, sollte die Behandlung täglich durchgeführt werden, erklärt Dr. Harald Kittler, Leiter der Ambulanz für Hyperhidrose am Wiener AKH. Dann können die Intervalle meist vergrößert werden. Die Erfolgsquote ist verhältnismäßig hoch. Nebenwirkungen wie Hautreizungen sind bei sachgemäßer Anwendung gering und klingen im Anschluss an die Sitzung schnell ab.

Wirkung nicht genau bekannt

Wie der Gleichstrom wirkt, ist nicht genau bekannt. Man vermutet, dass die Schweißporen verengt werden und das Nervensystem so irritiert wird, dass es weniger Impulse an die Schweißdrüsen aussendet. Nach einem halben Jahr ist meist schon der Normalzustand erreicht. Der Haken dabei: Nach Absetzen der Therapie nimmt die Schweißbildung innerhalb weniger Wochen wieder zu! Erst nach 20 Zyklen mit 5-maliger Behandlung pro Woche kann der Erfolg beurteilt werden. In diesem Fall bekommen Patienten meist von der Krankenkasse ein Heimgerät bezahlt, mit dem sie die Erhaltungstherapie von ein- bis zweimal pro Woche zu Hause durchführen können.

Botulinustoxin: Gift stoppt Schweiß

Das Toxin des Bakteriums Chlostridium botulinum ist ein starkes Nervengift und verhindert die Übertragung der Nervenimpulse auf die Schweißdrüsen. Bekannt ist es aus der Schönheitschirurgie zur Beseitigung von Falten. Zur Behandlung übermäßiger Achselschweißbildung ist es weit weniger populär, dafür aber umso effektiver. Die Injektion ist einfach und relativ schmerzfrei. Mit einer einzigen Behandlung ist oft eine Wirkungsdauer von 6 bis 11 Monaten zu erreichen.

Auch gegen Handschweiß ist Botulinustoxin geeignet, allerdings ist die Behandlung schmerzhafter, weil wesentlich mehr Injektionen nötig sind. Außerdem hält hier die Wirkung meist nur etwa 3 Monate an. Eine mögliche Nebenwirkung der Behandlung ist eine vorübergehende Muskelschwäche, die aber in den Achselhöhlen wegen der Größe der Muskeln kaum ins Gewicht fällt. Dr. Kittler rät, die Botulinustoxin-Therapie zu probieren. Erst danach kann man den Behandlungserfolg abwägen und feststellen, ob die Kosten für die lebenslange Behandlung sinnvoll sind. Von der Krankenkasse ist keinerlei Zuschuss zu erwarten. Hoffnungsfunke für die Zukunft stellt ein neues Botulinustoxinpräparat dar, das wesentlich kostengünstiger sein soll, aber noch nicht überall getestet wurde.

Nerven kappen

Der letzte Weg, die Hyperhidrose an Händen, Füßen und Achselhöhlen für immer zu beseitigen, ist die Sympathektomie. Bei dieser Operation werden die für die übermäßige Schweißproduktion verantwortlichen Nervenknoten durchtrennt. Diese verlaufen perlschnurartig entlang der Wirbelsäule.

Früher war dies ein komplizierter und riskanter Eingriff. Inzwischen ist die endoskopische transthorakale Sympathektomie (ETS) zum Standard geworden.

Unter Vollnarkose wird dem Patienten ein Endoskop durch einen kleinen Schnitt in der Achselhöhle eingeführt, um über die Brusthöhle die betreffen-den Ganglien zu erreichen. Die Risiken sind laut bislang vorliegenden Studien äußerst gering, die Erfolgsquote ist sehr hoch.

Ein Deo soll die bakterielle Zersetzung des Schweißes unterbinden. Auch parfumfreie Deodorants lindern den Geruch deutlich. Aluminiumsalze reduzieren die Schweißbildung. Alkohol hemmt das Bakterienwachstum, bei empfindlicher oder frisch rasierter Haut kann er jedoch zu Reizungen führen, ebenso, wenn man Deos auf die schon verschwitzte Achsel aufträgt. Die Stiftung Warentest hat Deodorants getestet; wir veröffentlichen die Testergebnisse der Produkte, die auch in Österreich erhältlich sind. Erfreulich: „Gute“ Produkte müssen nicht teuer sein.

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