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Schweine Medaillons Alpenhof (Hütthaler) - Kein Lungenbraten

  Was Konsumenten alles versprochen und dann nicht gehalten wird. Diesmal im Lebensmittel-Check: Schweinsmedaillons, die nur vom Schinken statt vom Lungenbraten stammen.

Schweine Medaillons Alpenhof (Hütthaler), Schweine Medaillons, die vom Schinken statt vom Lungenbraten stammen (Blid: VKI/K. Schreiner)
Schweine Medaillons Alpenhof (Hütthaler), Schweine Medaillons, die vom Schinken statt vom Lungenbraten stammen (Blid: VKI/K. Schreiner)

Schweine Medaillons Alpenhof (Hütthaler), Schweine Medaillons, die vom Schinken statt vom Lungenbraten stammen (Blid: VKI/K. Schreiner)

Schinken statt Lungenbraten

Das steht drauf

Schweinemedaillons brat- & grillfertig mariniert, Alpenhof (Hütthaler)

Gekauft bei: Hofer

Das ist drin

Zum Gartenfest sollte es Schweinefleisch vom Grill geben. Da schienen die bei Hofer  angebotenen brat- & grillfertig marinierten Schweine Medaillons Alpenhof (Hütthaler) gerade richtig zu sein. Der Kunde schlichtete also eine Packung in seinen Einkaufswagen. Das Kleingedruckte las er erst zu Hause – und ärgerte sich gründlich, dass er sich nicht bereits im Geschäft dafür Zeit genommen hatte. Zarte, handgeschnittene Fleischstücke vom Schweineschinken, stand da gleich am Anfang der Zutatenliste. Wie bitte? Bis jetzt war er immer davon ausgegangen, dass als Medaillon bezeichnetes Fleisch vom Lungenbraten stammt. "Bin ich da einem Irrglauben aufgesessen?“ wollte er von uns wissen.

Keine Verpflichtung durch das Lebensmittelbuch

Die Antwort lautet „jein“. Im Österreichischen Lebensmittelbuch ist die Bezeichnung  „Medaillon“ nicht geregelt, sie scheint dort nicht auf. Die Konsequenz: Die Hersteller von Fleischwaren sind nicht dazu verpflichtet, für ihre Schweinemedaillons Lungenbraten zu verwenden. Geht es andererseits nach Kochbüchern, sieht die Sache anders aus. Denn in Kochbüchern wird üblicherweise Lungenbraten für die Zubereitung von Schweinemedaillons angegeben. Dass Verbrauchern Kochbücher vertrauter sind als die Bestimmungen des Lebensmittelbuches, liegt wohl in der Natur der Sache.

Form und Beschaffenheit ausschlaggebend

Wir haben bei der Hütthaler KG, dem Hersteller der marinierten Schweine Medaillons nachgefragt, warum bei diesem Produkt Fleischstücke vom Schweineschinken als Medaillons bezeichnet werden. Die Antwort kam umgehend, aber nicht von der Firma Hütthaler, sondern ihrem Rechtsanwalt:

"Der Begriff Medaillons richtet sich nicht nach der Herkunft des Fleisches, sondern nach der Form und Beschaffenheit des Produkts. Generell wird damit beschrieben, dass es sich um eine runde oder ovale Scheibe handelt, eine sogenannte Medaille, erfuhren wir unter anderem. Aha. Mit dem Schreiben wurden uns zudem etliche Fotos von Konkurrenzprodukten zugeschickt, bei denen die Schweinemedaillons ebenfalls nicht vom Lungenbraten stammen."

Zutatenliste genau lesen

Was lernen wir daraus? Wer Gusto auf Schweinemedaillons hat, liest besser schon im Geschäft ganz genau, aus welchem Fleisch die runden oder ovalen Scheiben stammen. Die meisten Produzenten verwenden keinen Lungenbraten, sondern verkaufen erheblich billigere Fleischteile als Medaillons. Rein rechtlich passt das. Konsumentenfreundlich ist es allerdings nicht.

Reaktion von Alpenhof (Hütthaler)

Was der Anwalt der Hütthaler KG, die die marinierten Schweine Medaillons herstellt, dazu sagt, dass bei diesem Produkt Fleischstücke vom Schweineschinken als Medaillons angepriesen werden. 

„Meine Mandantin unterliegt betreffend die Auszeichnung ihrer Produkte einer Kontrolle durch ein staatlich akkreditiertes Institut. Im konkreten Fall überprüft die Firma ANALYTEC die korrekte Bezeichnung der Produkte.
Der Schluss der Konsumentin, dass Medaillons vom Lungenbraten stammen müssen, ist unrichtig.

Der Begriff Medaillons richtet sich nicht nach der Herkunft des Fleisches, sondern nach der Form und Beschaffenheit des Produktes. Generell wird damit beschrieben, dass es sich um eine runde oder ovale Scheibe handelt, eine sogenannte ‚Medaille‘. Dies ist auch durch eine kurze Internetrecherche sofort feststellbar, da unzählige Produkte als Medaillons bezeichnet werden.

Auch der Mitbewerb verwendet die Bezeichnung Schweine-Medaillons für Stücke, die nicht vom Lungenbraten, sondern vom Schweineschinken stammen. Diesbezüglich lege ich Beispiele anderer Produkte bei.
Weiters verweist meine Mandantin darauf, dass beispielsweise auch Produkte vom Fisch als Fisch-Medaillons bezeichnet werden, was wiederum dokumentiert, dass unter Medaillon eben nur die Form des Produktes und nicht das Rohmaterial gemeint ist.

Zur Bestätigung obiger Ausführung legt meine Mandantin auch eine Stellungnahme der Firma ANALYTEC vom 02.04.2012 bei, aus der Sie die Richtigkeit obiger Ausführungen nachvollziehen können.
Meine Mandantin wird jedoch nicht nur von der Firma ANALYTEC, sondern auch von anderen Firmen, wie beispielsweise der Firma Eurofins-Ofi Lebensmittelanalytik GmbH in Wien überprüft. Einen Prüfbericht dieses Institutes, welcher die Verkehrsfähigkeit des Produktes bestätigt, legt meine Mandantin ebenfalls in Kopie bei.
Aus diesem Gutachten (siehe Absatz 3) ergibt sich ebenfalls klar, dass die Kennzeichnung der Probe der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung und der Verordnung über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln entspricht.

Ich ersuche Sie namens meiner Mandantin dringend keine Veröffentlichung eines Artikels betreffend das oben genannte Produkt durchzuführen, da meiner Meinung nach bereits der Umstand der Veröffentlichung bei Konsumenten negative Eindrücke erweckt.

Sollten Sie allerdings der Meinung sein, dass eine Veröffentlichung zu erfolgen hat, ersuche ich Sie dringend klar darauf hinzuweisen, dass die Produktbezeichnung meiner Mandantin völlig korrekt ist und hier möglicherweise bei manchen Konsumenten ein Irrglaube dahingehend gegeben ist, dass ein Medaillon vom Lungenbraten stammen müsste. Inhalt Ihres Artikels sollte also sein diesen Irrglauben aufzuheben und nicht meine Mandantin in irgendeiner Weise negativ zu behaften.

Fairerweise dürfte der Artikel auch nicht auf meine Mandantin bezogen sein, sondern müsste sich auf den gesamten Handel beziehen, weil es handelsüblich ist Fleischteile vom Schweineschinken als „Medaillon“ zu bezeichnen, wenn die Form einem Medaillon entspricht.“

Dr. Otto Urban
Rechtsanwälte Hitzenberger – Urban – Meissner – Laherstorfer – Gamsjäger – Fischer
Verteidiger in Strafsachen
3.4.2012

Der Vollständigkeit halber noch die beiden im vorhergehenden Schreiben zitierten Prüfberichte:

„Das Produkt „Schweinemedaillons“ (bzw. auch „Medaillons“ ohne andere Tierartbezeichnung) ist im Österreichischen Lebensmittelbuch IV. Auflage (CodexB14) namentlich nicht geregelt. Durch die Angabe des verwendeten handelsmäßigen Teilstückes (Codexkapitel B14) in der Zutatenliste ist für den Konsumenten die Herkunft des Fleisches eindeutig einstufbar. Es gibt in Österreich keine Vorschriften, dass Medaillons aus Filetstücken oder Lungenbraten herzustellen sind.

In Deutschland sind Medaillons in den Deutschen Leitsätzen namentlich wie folgt geregelt: Leitsatz Nr. 2.508.1: „Medaillons“ sind kleine, aus sehnenarmen Fleisch quer zu den Fasern geschnittene, zum Kurzbraten geeignete Scheiben; die Tierart wird angegeben (zB. Kalbsmedaillons, Rindermedaillons, Putenmedaillons.
Speziell für „Filetmedaillons“ gibt es die Regelung, dass Filetstücke zu verwenden sind. (Leitsatz Nr. 2.501:)
Eine Kundenerwartung, dass Medaillons aus Filetstücken oder Lungenbraten hergestellt werden, ist nicht gegeben.
Vielmehr besteht zumindest für den Deutschen Markt die Regelung, dass „Medaillons“ nicht vom Filet sind, sondern „Filet-Medaillons“ vom Filet (Lungenbraten) stammen.“

ANALYTEC
Labor für Lebensmitteluntersuchung und Umweltanalytik
2.4.2012

„Schweinemedaillons grill- & bratfertig mariniert, Alpenhof. Auf der Grundlage der im beiliegenden Prüfbericht angeführten Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen bietet die vorliegende Probe keinen Anlass zu einer Beanstandung im Sinne der Richtlinien des Österreichischen Lebensmittelbuches (ÖLMB), IV. Aufl., Kap. A 3 (‚Allgemeine Beurteilungsgrundsätze‘) und Kap. B 14 (‚Fleisch und Fleischwaren‘).

Die Überprüfung der Umrechnung der deklarierten Nährwertangaben auf die Portionsgröße sowie die Berechnung des Anteils am Richtwert für die Tageszufuhr (GDA-Wert) gemäß den CIAA-Vorgaben (Stand 07/09) wurden durchgeführt. Es besteht diesbezüglich kein Anlass zu einer Beanstandung.

Die Kennzeichnung der Probe entspricht der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (BGBl. Nr. 72/1933 idgF) und der Verordnung über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln (BGBl. Nr. 896/1955 idgF).
Hinsichtlich der Angabe „gluten- und laktosefrei“ wird auf Erwägungsgrund 22 der Präambel der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel idgF sowie auf die Verordnung (EG) Nr. 41/2009 zur Zusammensetzung und Kennzeichnung von Lebensmitteln, die für Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit geeignet sind idgF hingewiesen.“

Eurofins-ofi
Lebensmittelanalytik GmbH
26.8.2011

Wir meinen: All das ändert nichts daran, dass sich Verbraucher unter einem Schweinemedaillon gemeinhin Lungenbraten vorstellen. Warum man uns obendrein gleich vorweg rät, von der Veröffentlichung dieses Artikels Abstand zu nehmen, können wir schlichtweg nicht nachvollziehen.

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