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Werbegeschenke für Kinder: vom Bock zum Gärtner - Kommentar von KONSUMENT-Redakteur Bernhard Matuschak

Werbeprospekte und PR-Material gemixt mit Süßigkeiten: Was Marketingfirmen alles versuchen um Kaufprozesse durch Kinderwerbegeschenke anzukurbeln. - Ein "Aufgespießt" von KONSUMENT-Redakteur Bernhard Matuschak.

Meine Kollegin staunte nicht schlecht, als ihr Kind mit einem „lustigen“ Stoffsackerl namens Knirps & Co aus dem Kindergarten nach Hause kam, das Süßigkeiten und Werbeprospekte enthielt. Schon der zuckerhältige Inhalt war der auf ausgewogene Ernährung bedachten Mutter ein Dorn im Auge. Das beigelegte PR-Material, mit dem unverhohlen zum Kauf diverser Produkte respektive zum Buchen von Dienstleistungen aufgefordert wird, empörte sie noch mehr.

Bernhard Matuschak (Bild: Wilke) 

E-Mail: Redakteur
Bernhard Matuschak

Kindergärten als Plattform für Werber

Auch wir sind verblüfft. Da versucht also der Gesetzgeber, der direkten Kinderwerbung mit dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) einen Riegel vorzuschieben. Gleichzeitig dient jedoch der Rahmen öffentlicher pädagogischer Einrichtungen den Werbern als Plattform, um sich an die für sie interessante Zielgruppe der unmündigen Minderjährigen heranzumachen. Aber möglicherweise unterliegen wir ja einem Irrtum und beim Sackerlinhalt handelt es sich gar nicht um Werbung – vielmehr um ein „Bildungsangebot“ oder ein „geeignetes Spiel“, das die körperliche, seelische und geistige Entwicklung von Kindern fördert, wie die Kindergartengesetzgebung es ausdrücklich vorsieht.

Marketingfirma entscheidet über Inhalt

Dagegen spricht wiederum, dass die Kinder im erwähnten Kindergarten zwar mit dem Sackerl „beschenkt“, aber gleichzeitig dazu angehalten werden, es umgehend mit nach Hause zu nehmen. Doch vermutlich irren wir uns auch damit und die Marketingfirma selbst ist in Wahrheit eine pädagogische Institution. Als wir nämlich in besagtem Kindergarten nachfragten, wer denn darüber entscheide, was ins Sackerl darf, erhielten wir zur Antwort: die Marketingfirma. Die Werber, die von der Industrie dafür bezahlt werden, dass sie das Sackerl mit entsprechenden Süßigkeiten und Werbung füllen und an die Kinder bringen, wachen also quasi als moralisch- ethische Instanz auch noch darüber, dass der Inhalt tatsächlich kindgerecht ist. Wir fragen uns, ob man damit nicht den Bock zum Gärtner macht ...

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